Die Mehrheit der Beschäftigten bekommt zwar Weihnachtsgeld. Doch mit der ausgezahlten Summe sind längst nicht alle zufrieden.

Norderstedt. Es ist eine unangenehme Frage, die Reimer Kahlke in diesen Tagen oft gestellt wird. "Wann bekommen wir wieder das 13. Monatsgehalt als Weihnachtsgeld?" Dem Vorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in der Region Segeberg-Pinneberg bleibt nichts anderes übrig, als die Beamten zu vertrösten. 2006 beschloss die Landesregierung Schleswig-Holstein im Zuge eines Sparkurses, Sonderzahlungen deutlich zu reduzieren.

Bis zur Besoldungsstufe A 10 erhalten die Bediensteten 660 Euro, dazu pro schulpflichtigem Kind noch einmal 400 Euro. Kahlke ist seit 1974 bei der Polizei und hat über Jahrzehnte eine deutlich höhere Extra-Summe bekommen. "Es ist logisch, dass wir das 13. Gehalt zurückhaben wollen", sagt er. Zumal zumindest auf Bundesebene die entsprechende Kürzung revidiert wurde, sodass ab 2012 wieder 60 Prozent eines Monatslohns ausgezahlt werden.

Der Betriebsrat von Jungheinrich ist mit der aktuellen Situation zufrieden

Aus diesem Anlass schrieb der GdP-Landeschef Oliver Malchow einen Brief an Ministerpräsident Peter Harry Carstensen und forderte diesen auf, dem Bund zu folgen. Sollte dies ausbleiben, befürchtet Reimer Kahlke mittelfristig gravierende Auswirkungen. "Wir haben jetzt schon Probleme, Personal zu finden. Die Frage der Aufstiegschancen und der Bezahlung führen dazu, dass sich viele das überlegen."

Bei der Firma Jungheinrich in Norderstedt gibt es zwar ebenfalls kein volles 13. Monatsgehalt für die gut 1000 Mitarbeiter. "Wir sind in einer guten Situation", sagt gleichwohl Sedat Bodur, Vorsitzender des Betriebsrats. Gemäß Tarifvereinbarung gibt es 55 Prozent des Monatslohns. "Und dann bekommen wir eine Zahlung von bis zu 25 Prozent, je nach Dauer der Unternehmenszugehörigkeit." Zusätzlich erhalten die Angestellten einen Bonus, der aus den Ergebnissen des Geschäftsjahres abgeleitet wird.

Damit liegt das Unternehmen im deutschlandweiten Trend. Laut einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung, die auf einer Online-Umfrage unter 16 000 Arbeitnehmen basiert, bekommen rund 55 Prozent der Befragten ein Weihnachtsgeld, 16 Prozent eine Gewinnbeteiligung sowie 19 Prozent sonstige Sonderzahlungen. Letztere kommt vor allem denjenigen zugute, die 20 oder mehr Jahre Berufserfahrung haben (62 Prozent).

Ein wichtiger Faktor ist die Tarifbindung, die 71 Prozent der Beschäftigten ein Weihnachtsgeld garantiert. So auch bei der AKN in Kaltenkirchen. "Es ist vertraglich festgeschrieben, dass es eine Einmalzahlung in Form eines 13. Monatsgehalts gibt", sagt der Betriebsrats-Vorsitzende Thomas Bartossek. Da der Tarifvertrag am 31. Dezember diesen Jahres ausläuft, stehen demnächst Verhandlungen an. "Wir überlegen, das Weihnachtsgeld durch zwölf zu teilen und in die monatliche Zahlung zu integrieren", so Bartossek weiter.

Bei Karstadt ist das Weihnachtsgeld per Sanierungstarif festgeschrieben

Ein Sonderfall ist die aktuelle Regelung bei Karstadt, die im Zuge des Rettungskonzepts für den Konzern vereinbart wurde und bis Mitte 2012 gilt. "Im Rahmen des Sanierungstarifvertrags erfolgt Ende November eine Zahlung von 15 Prozent", erklärt Karl Peter Knoll, Geschäftsführer der Filiale am Herold-Center in Norderstedt.

Viele der Handwerker in der Region sind über ihre Innungen in der Kreishandwerkerschaft Mittelholstein organisiert. Deren Geschäftsführer Thomas Kafvelström bekommt somit die Entwicklungen in diversen Branchen mit. "Viele Gewerke haben Tarifverträge. Aber auch ohne diese, wie etwa bei Zahntechnikern oder Friseuren, bedeutet es nicht, dass es keine Sonderzahlungen gibt."

Gegenüber 2010 ist die Höhe des Weihnachtsgeldes nach seinen Angaben stabil. "Im Moment ist ein weiteres Abschmelzen nicht absehbar. Es zeichnet sich aber auch nicht ab, dass es wieder ansteigt." Für die Zukunft erhofft sich Kafvelström jedoch Bewegung: "Vor dem demografischen Hintergrund kann sich das ändern. Es fehlen qualifizierte Fachkräfte, sodass Arbeitnehmer bessere Karten haben könnten." (abendblatt.de)