Eine Videocassette mit dem über 50 Jahre alten Film “Drei Männer im Schnee“ steht im Mittelpunkt des Strafverfahrens, mit dem sich Richter Florian Wüllenkemper vom Amtsgericht in Bad Segeberg beschäftigen muss.

Bad Segeberg. Namen wie Paul Dahlke oder Claus Biederstedt sagen dem jungen Richter nichts, auch kauft er offensichtlich nicht bei Ebay, anders als die Hauptzeugin Andrea H. (52) aus Lübeck. Sie erwarb die Videocassette im Juli des vergangenen Jahres bei Ebay im Internet von einem Käufer, der sich "James Rockford" nannte. Cassetten mit solchen alten Originalfilmen gibt es nicht mehr so häufig, Sammler zahlen dafür bis zu 40 Euro. Andrea H. glaubte bei einem Kaufpreis von 22 Euro an ein gutes Geschäft. Ziemlich schnell nach Erhalt des Films stellten Andrea H. und ihr Mann fest, dass es sich bei dem Videofilm nicht, wie vom Verkäufer versprochen, um ein Original handelte - schon an dem diletantisch angefertigten Etikett war das erkennbar, auch die Abspielqualität ließ zu wünschen übrig.

Andrea H. fragte bei dem Käufer nach, ob es sich bei dem Film tatsächlich um ein Original handle. Statt einer Antwort erhielt das Ehepaar H. E-Mails und Telefonanrufe des Verkäufers mit der Aufforderung, derartige Unterstellungen zu lassen. Auf eine Wandlung des Kaufvertrages ließ sich der Verkäufer nicht ein. Stattdessen hörte er nicht auf, die Eheleute mit Anrufen und E-Mails regelrecht zu bombardieren. Entnervt erstattete Andrea H. schließlich eine Anzeige.

Die Polizei hatte bei ihren Ermittlungen große Schwierigkeiten, den Verkäufer ausfindig zu machen: Unter der im Internet angegebene Adresse fand man ein über 80-jähriges Ehepaar, das sich nicht im Besitz eines Computers befand. Nur über die Bankdaten konnte der Verkäufer ausfindig gemacht werden. Ein Mann (Name der Redaktion bekannt) aus Großenaspe muss sich nun wegen Betruges und Verstoß gegen das Urhebergesetz verantworten, denn die Cassette ist eine Raubkopie.

Wortreich versucht sich der Angeklagte, aus der Sache herauszureden - angeblich sammelt er Filme für sich privat und verkauft nur gelegentlich einen Film im Internet. Die als Asservat auf dem Richtertisch liegenden Cassette stamme auf keinen Fall von ihm, denn das Videoband ist 180 Minuten lang, schon daran sei erkennbar, dass es sich nicht um ein Original handeln kann, das im Handel nur als 90-Minuten-Cassette erhältlich ist. Andrea H. berichtet im Zeugenstand, dass sie später eine weitere Cassette mit diesem Film erstanden habe, diesmal wirklich ein Original, das sie dem Richter vorlegt.

"Ich weiß schon, warum ich nicht bei Ebay kaufe", seufzt der Richter, nachdem er mühsam den Sachverhalt aufgeklärt hat. Der arbeitslose Angeklagte, ein gelernter Außenhandelskaufmann, wird zu einer Geldstrafe von 200 Euro verurteilt, was er mit Kopfschütteln aufnimmt.