Vor 30 Jahren startete ein Panzerkommandant zu einem ganz besonderen Einsatz. Michaela Westphal, die während des Schneewinters vor 30 Jahren das Licht der Welt erblickte, und “Geburtshelfer“ Diethard Lienke schmökerten in alten Fotos, Zeitungen und in der Bataillonschronik.

Kreis Segeberg. Jedes Mal, wenn Diethard Lienke nach Kirchbarkau im Kreis Plön, 17 Kilometer südlich von Kiel, fährt, kommen ihm die Erlebnisse vom 14. Februar 1979 in den Sinn. "Ich erinnere mich immer wieder, vor allem an diese Kreuzung bei Leckerhölken, wo wir mit dem Panzer in den Graben fuhren", sagt er. Der heute 71-Jährige war damals Fernmeldeoffizier beim Panzerbataillon 183 in Boostedt und Kommandant eines Panzers, der während der Schneekatastrophe 1979 zusammen mit einem weiteren Panzer zu einem Notfall nach Großbarkau abkommandiert wurden. Der Grund für den Sondereinsatz: Eine Frau stand kurz vor der Geburt ihres Kindes. Jetzt trafen sich das "Schneebaby" Michaela Westphal (30) und der Panzerkommandant zum ersten Mal. Vorher hatten sie bereits zahlreiche E-Mails, Fotos und Zeitungsausschnitte ausgetauscht.

Beim Schmökern in alten Fotos, der Bataillonschronik und der Zeitungsartikel kamen die Erinnerungen hoch. "Schneemutter" Roswitha Köpke, damals gerade 20 Jahre alt, erinnerte sich: "Die Wehen hatten drei Wochen zu früh eingesetzt. Ich dachte zuerst, es wäre eine Nierenbeckenentzündung." Während sie in den Wehen lag, kämpfte sich Lienke mit den zwei Panzern durch die Schneelandschaft. Gegen 22 Uhr waren sie in Boostedt gestartet. Für die 30 Kilometer brauchten sie fünf Stunden, immer wieder fuhren sie sich fest. Morgens um fünf Uhr traf die Truppe an der Tankstelle an der Bundesstraße 404 ein, wo Franz Schwarten, heute 56 Jahre alt, sie empfing. Er war damals Feuerwehrmann, ist heute der Bürgermeister Kirchbarkaus und kam ebenfalls zu dem Zusammentreffen. Eine fehlte: Hebamme Margot Ginzel, die in der Nacht mit einem Tieflader zu Roswitha Köpke gebracht wurde. Sie starb vor Kurzem im Alter von 94 Jahren.

"Ich war schon froh, dass die Hebamme damals kam", erinnerte sich Roswitha Köpke. Margot Ginzel half dem Baby um 6.01 Uhr auf die Welt. Lienke und die zwei Panzer kamen kurze Zeit später an. "Die Nachbarin stand bereit, mit einer Mullbinde, um den Nabel abzubinden. Wir hatten keine Babynahrung, und es herrschte Fahrverbot", erinnert sich Roswitha Köpke. Nachbarn brachten Milchpumpe, Flasche und Schnuller. "Das war Dorfgespräch, auch später auf der Schule in Kiel, denn mein Klassenlehrer Uwe Johannsen kam aus Kleinbarkau", lacht Michaela Westphal. Kurz nach ihrer Geburt rollten damals die Panzer auf den Hof. Die Soldaten gratulierten und erhielten heißen Kaffee. Glücklicherweise musste Lienke Mutter und Kind nicht nach Kiel fahren. "Das wäre eng im Panzer geworden."

Vielleicht gibt es ein neues "Schneebaby": Denn Felix Westphal (3) bekommt ein Geschwisterchen. Stichtag: der 1. Weihnachtsfeiertag. Ehemann Sven (32) arbeitet bei der Autobahnmeisterei Scharbeutz: "Ich würde mir eine Schneefräse schnappen und Michaela in die Klinik fahren." Nach drei Stunden endete das Treffen. Alle waren sich einig: "Wir bleiben in Kontakt!"