Seit Montag ist die Chefin der Segeberger Kreisverwaltung wieder im Dienst. Aber sie leidet immer noch an gelegentlichen Schwindelattacken.

Kreis Segeberg. Eigentlich wollte Jutta Hartwieg nach fast zweieinhalb Monaten Krankheitspause langsam wieder in ihren Dienst hineingleiten. Aber die Umstände lassen der Landrätin kaum eine Wahl: Sitzungen hier, Arbeitsessen und Treffen dort - der Arbeitsalltag hat die Chefin der Kreisverwaltung schon in ihrer ersten Woche überrollt. Die Verabschiedung der Haushaltssatzung 2010 lässt sich nicht vertagen. Trotzdem: Der schwere Unfall und die Folgen haben Jutta Hartwieg zum Nachdenken veranlasst. "Ich muss andere Schwerpunkte setzen und wieder mehr Zeit in das Privatleben investieren."

Was am 30. September dieses Jahres geschah, hat Jutta Hartwiegs Einstellung zum Leben gründlich verändert. Gegen 18.30 Uhr - ungewöhnlich früh für die Chefin der Kreisverwaltung - prallte sie auf der Heimfahrt mit ihrem VW Golf auf der B 342 fast frontal gegen einen Peugeot, dessen Fahrerin von der Sonne geblendet war und den entgegenkommenden Wagen beim Abbiegen nicht beachtet hatte. Jutta Hartwieg wurde so schwer verletzt, dass sie erst in dieser Woche wieder die Arbeit aufnehmen konnte. Entgegen dem Rat ihrer Ärzte, die sie erst im Januar wieder in die Kreisverwaltung schicken wollten. Auch die Peugeot-Fahrerin erlitt erhebliche Verletzungen.

Lebensbedrohlich waren die Verletzungen nicht, aber die Summe der Blessuren machten ihr zu schaffen. Bruch des Brustbeins, Schädeltrauma, Schultertrauma, Beckentrauma, gestauchte Hände: Über Wochen kämpfte Jutta Hartwieg mit Schwindelattacken, die bis heute nicht ganz ausgestanden sind. Das sind auch die Folgen von mehrfach verdrehten Halswirbeln. Die Landrätin kann sich noch an die letzten Gedanken vor dem Aufprall erinnern: "Wie überflüssig, hier geschreddert zu werden!" Und nach der Sekundenohnmacht hinter dem Lenkrad hielt sie die Bäume am Straßenrand zunächst für irreale Wesen. "So sieht es also im Himmel aus, waren meine ersten Gedanken", erinnert sie sich.

In der Folgezeit hatte Jutta Hartwieg genügend Zeit über ihre Arbeit und über ihr Leben nachzudenken. Arbeitszeiten von 100 Stunden pro Woche waren nach einem Jahr als Landrätin üblich. Zurückdrehen wollte sie dieses Tempo ohnehin, um wieder etwas mehr Zeit in das Privatleben zu investieren, um wieder durchatmen zu können. Aber auch auf dem Krankenbett im Privathaus in Alsterdorf ging es nicht ganz ohne Kreisverwaltung. Sie bekam regelmäßig Akten vorgelegt, telefonierte mit den Führungskräften in der Verwaltung und behielt so einen groben Überblick über die Entwicklungen. "Wenn es mir früher mal schlecht ging, habe ich ein paar Pillen genommen und trotzdem gearbeitet. Das war jetzt nicht möglich."

Am Montag dann der erste Arbeitstag. Mit Blumen wurde sie im Büro empfangen, ein langes Kaffeetrinken mit den engsten Mitarbeiterinnen folgte. Aber dann der Alltag, der gleich am zweiten Abend nach langer Sitzung erst um 23.30 Uhr endete. Heute will Jutta Hartwieg während der Kreistagssitzung die Haushaltsrede halten. Zwischendurch macht sie im Büro auf einem Schafwollteppich einige gymnastische Übungen. "Ein großer Teil in mir ist immer noch tief müde, aber ich bin dankbar, noch am Leben zu sein."