Die Mitarbeiter der Firma Wenco-Service Nord in der Kaltenkirchener Süderstraße sind fassungslos: Das Unternehmen ist pleite, weil über Jahre hinweg Geld unterschlagen wurde.

Kaltenkirchen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den bisherigen Geschäftsführer, der unter Verdacht steht, Beträge in Millionenhöhe beiseite geschafft zu haben. Heute wird das Insolvenzverfahren vor dem Amtsgericht in Syke (Landkreis Diepholz) eröffnet. Etwa 40 Mitarbeiter werden kurz vor Weihnachten ihren Arbeitsplatz verlieren.

Seit 1989 werden von der Kaltenkirchener Süderstraße aus Einzelhandelsketten wie Edeka, Marktkauf und Budnikowski mit Haushalts-, Schreib- und Kurzwaren beliefert. Wenco Kaltenkirchen gehört zur Wenco-Service-Gesellschaft in Essen, die das "Machtzentrum" für vier eigenständige Wenco-Betriebe in Deutschland ist. Von Kaltenkirchen aus werden die norddeutschen Bundesländer und Thüringen beliefert. Der Unternehmer Ludger Nachtwey (69) aus Fischerhude-Ottersberg bei Bremen hat es aufgebaut - und offenbar heruntergewirtschaftet.

Nach Angaben des Insolvenzverwalters Dirk Oelbermann aus Bremen fehlen dem Unternehmen "mindestens zehn Millionen Euro, wahrscheinlich mehr". Die Staatsanwaltschaft in Stade ermittelt, Steuer- und Wirtschaftsprüfungen laufen noch. Nachtwey und der Leiter des Finanzwesens, der nach Angaben des Betriebsrats Selbstanzeige gestellt hat, stehen in Verdacht, Saisonware und unverkäufliche Ware überbewertet in den Bestand aufgenommen zu haben. Außerdem sollen, das teilt die Gewerkschaft Ver.di mit, vier weitere Familienmitglieder über Wenco Nord ohne eigene tatsächliche Tätigkeiten "gut bezahlt" worden sein.

Warum bei Wenco Nord offenbar über Jahre Geld verschwunden ist, weiß niemand. Eine von der Staatsanwaltschaft anberaumte Durchsuchung der Privaträume der ehemaligen leitenden Mitarbeiter hat offenbar keinen Aufschluss gegeben. "Ich kann mir nur vorstellten, dass der Geschäftsführer altersbedingt abgedreht ist", sagt Dirk Oelbermann.

Viele Kaltenkirchener Mitarbeiter stehen nach dieser Kriminal-Insolvenz vor dem Nichts. Das Konzept des Insolvenzverwalters sieht vor, dass etwa 40 bis 45 Mitarbeiter des Innendienstes zum Jahresende entlassen werden. Gut 40 Mitarbeiter des Außendienstes können demnach weiterarbeiten, weil Wenco Nord von Wenco Essen übernommen werden soll. Die Gewerkschaft Ver .di hofft jedoch auf die Hilfe der Stadt Kaltenkirchen, um das Wenco-Lager erhalten zu können.

Insolvenzverwalter Dirk Oelbermann wird die Belegschaft noch in dieser Woche über die Pläne informieren.