Die Parteien stellen ihre Kandidaten-Werbung zwar schnell auf. Aber nur selten bauen sie die Plakate auch wieder schnell ab. Das Ordnungsamt Norderstedt ist nachsichtig.

Norderstedt. "Gehen Sie wählen am 27.!" Kurz hinter der Kreuzung Niendorfer Straße mit der Ohechaussee lächelt der SPD-Mann Heiner Köncke als Plakat an einer Laterne in die Herbstsonne. Wir sollen wählen? Am 27.? Schon wieder?

Entwarnung. Sie müssen keine Wahlunterlagen im Rathaus anmahnen. Selbstredend gibt es keine neue Wahl. Land und Bund haben, Europa ist nicht und Oberbürgermeister Grote hat auch noch Mandat. Es hängen einfach noch die alten Plakate am Straßenrand. Es ist Könckes betagter Wahlappell für die Landtagswahl am 27. September. Die ist jetzt schon 18 Tage her.

Alle Wahlen wieder dasselbe Bild. Die Politikerköpfe und Wahlkampf-Slogans verschwinden nur zögerlich aus dem Straßenbild. Auf der Ulzburger Straße hängt Köncke erneut, aber auch der Genosse Franz Thönnes grient den Autofahrer noch an. Auf manchen Pappen an der Straßenlaterne hat der Regen den ehemaligen Staatssekretär im Sozialministerium bereits zur Hälfte abgelöst. Und darunter kommt der längst im Ruhestand befindliche "Münte" vom letzten Wahlkampf zum Vorschein. Kurz hinter dem Kreisel an der Marommer Straße lächelt "Uns Angela", die Kanzlerin. Irgendjemand hat ihr einen wenig komischen Hitler-Bart gemalt. Das Plakat steht schon so lange, dass selbst der letzte Idiot aufmerksam geworden ist.

Der Bürger ist genervt von diesem Anblick. Die Politiker auch. Reumütig sagt Heiner Köncke, dass die SPD die insgesamt 200 Plakate der SPD schon gleich am Wochenende nach der Wahl abbauen wollte. Aber wie das so ist: Die einen sind nicht da, der nächste hat Rücken und die gesamte Partei musste ja obendrein die tiefe Frustration über das erstaunlich miese Abschneiden verdauen. Außerdem herrschen logistische Probleme: "Wir hatten einen Bus zum Aufstellen der großen Plakate. Doch zum Einsammeln steht der nicht mehr zur Verfügung", sagt Köncke. Da er einen VW Passat und entsprechenden Stauraum habe, sei er nun selbst am Mittwoch losgefahren und habe die Plakate eingesammelt. "Ich kann die Plakate auch nicht mehr sehen. So richtig gefallen haben sie mir nie."

Uwe Behrens, Vorsitzender des CDU-Ortsverbandes, und seine Wahlhelfer haben schneller reagiert. Auch wenn zumindest die eine "Angela" an der Ulze stehen geblieben ist, scheinen Wahlsieger deutlich effektiver zu arbeiten. Von der Partei Die Linke stehen auch noch etliche Plakate in der Stadt. Doch ob Links, Rechts oder Mitte - alle Parteien können sich darauf verlassen, dass die Stadtverwaltung und damit der Steuerzahler am Ende den Wahlschilderwald lichtet.

Diana Schramm vom Ordnungsamt: "Eigentlich müssen die Plakate drei Tage nach der Wahl weg sein. Wir hatten den Parteien eine Schonfrist von einer Woche gegeben. Die ist nun auch schon lange rum." Doch das Amt wolle nicht mehr als appellieren, es gebe die Anweisung, rücksichtsvoll mit den Parteien umzugehen. "Wir schicken unseren Schilderwagen rum und entsorgen die übrigen Plakate", sagt Schramm. Den Parteien will man diesen Service aber nicht in Rechnung stellen. Unterdessen profitieren Stadt und Bürger auch von Synergien des Wahlkampfes. Die Holz-Plakatwände an der Ulzburger Straße oder an der Ohechaussee darf der "Bund der Selbständigen" noch bis Montag für seine Werbe-Plakate für die Herbstmesse verwenden - gegen Gebühr an die Stadt.