Täter, Opfer und Zeugin verweisen im Amtsgericht Norderstedt auf alkoholbedingte Gedächtnislücken.

Kaltenkirchen. Was als feuchtfröhlicher Jahrmarktbummel begann, endete für einige junge Männer an der Shell-Tankstelle in Kaltenkirchen im September 2008 mit einer brutalen Schlägerei. Die hatte jetzt ein Nachspiel vor dem Amtsgericht in Norderstedt: Auf der Anklagebank sitzt Robert M. (31) aus Kaltenkirchen wegen gefährlicher Körperverletzung. Nach den Ermittlungsergebnissen von Polizei und Staatsanwaltschaft schlug der Angeklagte dem Krankenpfleger Marco W. (22) eine Bierflasche auf den Kopf und trat anschließend auf den bewusstlos am Boden liegenden Mann ein, bis jemand ihn zurückzog. Auslöser für den Streit soll eine beleidigende Äußerung des Angeklagten gegenüber einer Frau gewesen sein, die zu einer anderen Gruppe gehörte.

Der Angeklagte ist zwar bereit, sich zu den Vorfällen zu äußern, er war aber sehr betrunken und hat Erinnerungslücken: "Jahrmarkt ist Ausnahmezustand", erklärt er. Der Metallschleifer erinnert sich noch daran, dass er mit einigen Freunden an der Tankstelle Bier kaufte und mit einer Gruppe von Männern in Streit geriet. Irgendwann habe er in Handschellen auf dem Bordstein gesessen und stark aus dem Mund geblutet. Ursache war ein tiefer Riss in der Lippe. Vier Wochen habe er nur flüssige Nahrung zu sich nehmen können und zehn Kilo abgenommen. Der Angeklagte tritt näher an Amtsrichter Reinhard Leendertz heran und zeigt seine Narbe, die ihn, wie er sagt, täglich an den Vorfall erinnert.

Die Blutprobe von der Tatnacht ergab mehr als zwei Promille, allerdings bescheinigte der Arzt dem Angeklagten einen sicheren Gang und eine deutliche Aussprache. Der große kräftige Mann muss also trinkfest sein.

Das Opfer Marco W. (22) beruft sich im Zeugenstand ebenfalls auf alkoholbedingte Erinnerungslücken, nicht einmal den Angeklagten will er wieder erkennen. Drei Tage verbrachte er nach der Prügelei im Krankenhaus, trug aber keine bleibenden Schäden davon.

Auch die Vernehmung weiterer Zeugen bringt keine Klarheit darüber, wer den Streit begann, oder ob der Angeklagte tatsächlich mit einer Bierflasche zuschlug. Die Zeugin Ines S. (21) erinnert sich nicht daran, beleidigt worden zu sein, was ja angeblich der Auslöser für den Streit gewesen sein soll.

Schließlich schlägt die Staatsanwältin vor, das Verfahren gegen Zahlung einer Geldbuße einzustellen. Ein "Supersonderangebot" sei das, kommentiert Richter Leendertz. Erleichtert erklärt sich der bisher nicht vorbestrafte Angeklagte nach kurzer Beratung mit seinem Anwalt bereit, 300 Euro an die Gefährdetenhilfe in Norderstedt zu zahlen. "Halten Sie sich mit der Sauferei zurück, wie das im Wiederholungsfall ausgehen mag, möchte man sich nicht vorstellen," mahnt der Richter abschließend.