Jeder Norderstedter leiht sich statistisch gesehen 11,05 Bücher oder andere Medien pro Jahr aus. Zur Kundschaft gehören seit einigen Jahren immer mehr Schüler.

Norderstedt. Larrissa (6) kann gerade die ersten Wörter entziffern. Aber das macht nichts: Die Erstklässlerin ist Stammgast in der Bücherei Norderstedt-Mitte. Hier blättert sie, liest oder lässt sich von ihrer Mama vorlesen. "Am liebsten mag ich die Olchibücher", sagt Larrissa. Ihr Bruder Leon (10) ist ebenfalls Stammgast in der Bücherei: Der leiht sich hier am liebsten Gesellschaftsspiele aus, die er dann mit seinen Freunden oder seiner Familie spielt. Mutter Anja Speidel ist froh, dass es die Bücherei in Norderstedt gibt: "Wenn ich das alles bezahlen müsste, wäre ich bald arm." Sie freut sich vor allem, dass ihre Tochter so wissbegierig ist.

Nur wenige Meter weiter brüten Vanessa Tonagel (16) und Sebastian von Borstel (17) über ihren Schulaufgaben. Sie sitzen am Computer und haben Bücher aufgeschlagen. "Die Jahrhundertwende" ist das Thema, das ihnen in der IGS Lütjenmoor gestellt wurde - recherchiert wird in der Bücherei. "Wir kommen oft hierher, um für die Schule zu arbeiten", sagt Vanessa, die sich über die zahlreichen Recherchemöglichkeiten, die sich ihr in den Räumen der Bücherei bieten, freut.

Diese Büchereinutzer stehen nicht alleine da: Die Stadtbücherei Norderstedt mit ihrer Hauptbücherei im Rathaus in Norderstedt-Mitte und den Zweigstellen in Garstedt, Friedrichsgabe und Glashütte hat 11 251 Nutzer, die im vergangenen Jahr 347 255-mal in eine der vier Büchereien gekommen sind und 814 695 Bücher, DVDs, CDs oder sonstige "Medien" ausgeliehen haben. Das sind nüchterne Zahlen, die aber bundesweit ausgewertet werden. Und im bundesweiten Bibliotheksranking der Orte zwischen 50 000 und 100 000 Einwohner belegt Norderstedt in diesem Jahr den dritten Platz. 2001 lag Norderstedt sogar an der Spitze.

Was macht die Norderstedter Stadtbücherei anders als andere Büchereien? Worin liegt der Erfolg dieser Einrichtung? Büchereileiterin Susanne Martin (61) muss nicht lange nachdenken. "Die Rahmenbedingungen sind bei uns einfach besser als anderswo." Soll heißen: Durch den Büchereivertrag gibt es eine verlässliche Finanzierung (2008 konnten 214 000 Euro für neue Medien ausgegeben werden), es gibt eine wohnortnahe Versorgung durch die vier Standorte, es gibt eine zielgruppenorientierte Arbeit und den Zusammenschluss mit der VHS zu den Bildungswerken Norderstedt.

Susanne Martin sitzt in ihrem Büro, das leicht erhöht genau gegenüber vom Eingang der Stadtbücherei-Mitte im Rathauskomplex liegt. Aus ihrem Fenster blickt sie über die Passage auf diesen Eingang und kann jederzeit feststellen, dass viele Menschen ein und aus gehen. Das freut die Bibliothekarin, die schon seit 1971 in den Norderstedter Stadtbüchereien arbeitet und die Leitung im Jahre 2000 als Nachfolgerin der inzwischen verstorbenen Anke Matthies übernommen hat.

Susanne Martin ist also stets auf dem Laufenden, auch wenn sie nicht immer direkt in der Bücherei ist. Ein ausgefeiltes Controlling-System beeinflusst die Entscheidungen über den Bestandsaufbau der Büchereien - wer nutzt welche Medien wie oft? Bei ihre laufen die Fäden zusammen. Ganz entscheidend aber ist die Qualität der Mitarbeiter: Es gibt Fachlektorate, die von der Belletristik bis zur Sozialkunde reichen. "Marktbeobachtung ist das A und O", sagt Susanne Martin. "Es geht darum, dass persönliche und gesellschaftliche Bedürfnisse an Bildung und Weiterbildung bedient werden." 26,5 Arbeitsplätze haben die Norderstedter Büchereien, Diplom-Bibliothekare und Fachangestellte für Medien- und Informationsdienste. Und alle sind "Rechercheprofis", die Spaß daran haben, den Besuchern zu helfen.

Für Schüler, glaubt die Büchereichefin, führt kein Weg an der Bücherei vorbei. Überhaupt gibt es im Bereich der Kinder- und Jugendliteratur steigende Entleihungszahlen. Ein gutes Indiz dafür, dass die Büchereien einer gesicherten Zukunft entgegengehen: Bis heute sind die Büchereien die meistgenutzten Bildungseinrichtungen in Deutschland. Susanne Martin weiß aber, dass sie bestimmte Bevölkerungsgruppen nicht erreichen kann: Wer Bücher als Statussymbol betrachtet und genügend Geld hat, geht kaum in die Bücherei. Obwohl es offenbar auch Doppelnutzer gibt. "Büchernarr ist Büchernarr", sagt Susanne Martin, die während ihrer fast 40-jährigen Tätigkeit bei der Stadtbücherei festgestellt hat, dass in Zeiten von wirtschaftlichen Krisen die Büchereinutzung steigt. Vielleicht liegt es auch daran, dass die Stadtbücherei Norderstedt 2009 auf allen entscheidenden Feldern zugelegt hat.

In der Stadtbücherei gibt es: 116 000 Bücher, 8600 DVDs, 17 400 CDs, 327 Konsolenspiele, 1520 Brettspiele, 341 Karten und Pläne, 285 Graphiken sowie viele Zeitungen und Zeitschriften.