Die mangelhafte Versorgung mit Kitas in Norderstedt sorgt bei vielen Familien für Existenznot. Der Verdienst der Frau ist lebensnotwenig. So wie bei den Szeppeks aus Norderstedt.

Norderstedt. Einen Krippenplatz für ein Kind in Norderstedt zu finden, ist ein fast aussichtloses Unterfangen. Gerade 400 Plätze für die Betreuung der ganz Kleinen gibt es in der fünftgrößten Stadt Schleswig-Holsteins mit ihren 74 000 Einwohnern. Das deckt gerade mal 20 Prozent der etwa 1800 Kinder unter drei Jahren in der Stadt. Doch immer mehr Familien kommen nicht mehr mit einem Gehalt über die Runden. Scheitert das an einem fehlenden Krippenplatz für den Nachwuchs, stehen manche vor existenziellen Problemen.

Ein Fall von vielen in Norderstedt ist die Familie Szeppek. Nadine Szeppek (30) wollte nach der Elternzeit im April wieder in ihren alten Job als stellvertretende Filialleiterin in einem Spielwarengeschäft im Alstertal-Einkaufszentrum in Hamburg einsteigen. Doch statt eines warmen Willkommens, gab es vom amerikanischen Arbeitgeber die Kündigung. "Das war der erste Schock", sagt ihr Mann Frank Szeppek (32), der als Feuerwehrmann in der Rettungsleitstelle in Norderstedt arbeitet. Den zweiten bekamen er und seine Frau, als sie bei der Arbeitsagentur das Arbeitslosengeld beantragen wollten. "Haben Sie eine Betreuung für Ihren Sohn?", fragte die Sachbearbeiterin. Für den 16 Monate alten Moritz hatten die Szeppeks noch keinen Krippenplatz gefunden. Frank Szeppeks zweimonatiger Erziehungsurlaub war gerade abgelaufen. Kein Betreuungsplatz, kein Arbeitslosengeld - weil Nadine Szeppek "dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung steht", hieß es bei der Arbeitsagentur. "Mit meinem Gehalt kommen wir nicht über die Runden. Allein die Miete ist doch mit 725 Euro so hoch", sagt Frank Szeppek. Er wendet sich an Sozialdezernent Torsten Thormählen, bekommt auch einen Termin, aber keinen Krippenplatz. Er wird an Tagesmütter verwiesen, die noch Kapazitäten haben. "Doch die kann ich mir bei deren Stundenlöhnen von 3,50 und 4 Euro nicht leisten, wenn meine Frau Arbeitslosengeld für 39 Wochenstunden beantragen will", sagt der Familienvater. Die Szeppeks sind im System stecken geblieben: kein Betreuungsplatz, kein Arbeitslosengeld, kein Job, keine Chance. "Da reden immer alle von der familienfreundlichen Stadt und dass die Gesellschaft veraltet. Aber wenn junge Familien wie wir in der Klemme stecken, zucken alle nur mit den Schultern", sagt Szeppek konsterniert. Mit einer Betreuungs-Notlösung bei der Nachbarin haben sie es zwar noch geschafft, das Arbeitslosengeld zu beziehen. Aber für die Aussichten seiner Frau, ohne Krippenplatz einen Job zu finden, sieht Szeppek schwarz. Sozialdezernent Torsten Thormählen bestätigt, dass die Krippen in der Stadt alle randvoll sind. "Aber es ist nicht so, dass wir keine Angebote hätten", sagt er. Auch im Fall Szeppek könne die Stadt nur auf die bestehenden Angebote bei Tagesmüttern verweisen. Ab 2013 haben die Eltern einen Rechtsanspruch auf die Betreuung ihrer Kinder in der Krippe. Bis dahin muss die Stadt handeln. "Wir wollen 250 Plätze schaffen. 200 in den Einrichtungen und 50 weitere Tagespflegestellen", sagt Thormählen. Die Kosten sind noch nicht beziffert. "Aber ein paar Millionen Euro werden wir in die Hand nehmen müssen", sagt der Dezernent.

Die Vorsitzende der Kreiselternvertretung Segeberg, Katrin Schmieder, kennt viele Fälle wie den der Szeppeks. "Den Eltern kann ich nur raten, hartnäckig zu sein", sagt Schmieder. Leider sei es so, dass die Eltern, die am meisten "nerven", am ehesten einen Krippenplatz ergattern. Manchen Eltern gewähre die Verwaltung einen Krippenplatz auf Zeit. Schmieder: "Doch findet die Arbeitssuchende innerhalb von drei Monaten keinen Job, muss das mühsam in die Krippe eingewöhnte Kind wieder aus der Krippe raus."