Stadt und Jäger sind ratlos, wie sie die Nager-Population eindämmen sollen. Die Sportanlage des Coppernicus-Gymnasiums wurde gesperrt.

Norderstedt. Die Kaninchen haben die Anlage völlig untergraben. Sie sind die vielleicht niedlichste Plage in Norderstedt: die Kaninchen. Rund um das Herold-Center in Garstedt gehören sie seit 30 Jahren zum Bild. Doch für die Schüler des Coppernicus-Gymnasiums werden die possierlichen Nager jetzt zum gefährlichen Problem. Die Sportanlage der Schule musste jetzt gesperrt werden. Kaninchen-Alarm!

Die Tiere haben es sich unter den vielen Geräteschuppen und den Garagen auf dem Gelände rund um den Sportplatz gemütlich gemacht. Dort haben sie ihren Bau, dort bringen sie das ganze Jahr über ihre Jungen zur Welt. Ihren Spaß haben die Kaninchen unter der Grasnarbe des Fußballfeldes. Hier haben sie so ziemlich die komplette Spielfläche untergraben. Und das ist dann gar nicht mehr witzig: Die Schüler laufen Gefahr, sich beim Schulsport die Beine zu brechen, wenn sie in die Erdlöcher treten. Deswegen hat die Stadt das gesamte Spielfeld gesperrt. "Wir werden jetzt das Spielfeld rund herum einzäunen - und zwar bis in einen Meter Tiefe", sagt Norderstedter Schuldezernent Torsten Thormählen. Die Kaninchen würden nicht tiefer als einen Meter graben. Deswegen muss das Zaungitter tief in den Boden eingebracht werden. Das Problem: Die Tiere, die nach dem Eingraben des Zaunes noch unter dem Spielfeld buddeln, müssen raus.

Damit sind wir bei den bis dato aussichtslosen Versuchen in Norderstedt, der ungezügelten Entwicklung der Population der wilden Kaninchen in Garstedt wirkungsvoll entgegen zu treten. Thormählen: "Man kann die Kaninchen nicht verdrängen - und man kann sie auch nicht eindämmen. Wir müssen schlicht akzeptieren, dass sie da sind." Das klingt nach Kapitulation.

Nach Schätzungen der Stadt leben etwa 600 "Karnickel" im Willy-Brandt-Park und der angrenzenden Umgebung - gezählt wurden sie natürlich nie, es könnten also deutlich mehr sein. Sämtliche Böschungen im Park sind von dem Gangsystem der Kaninchen durchzogen. Überall auf den Wiesen finden sich die Losung der Tiere und die Grabungen. Walter Ellerbrock, ein erfahrener Jäger aus Norderstedt: "Die Tiere sind hier praktisch nicht bejagbar." Die Flinte auf die Nager anzusetzen, ist in Norderstedt völlig aussichtslos. Ellerbrock: "Da fliegen die Fenster der Wohnungen auf und die Leute schimpfen: ,Mörder! Mörder!'"

Die Stadt hat auch schon mit Jägern versucht, die mit den natürlichen Feinden des Kaninchens agieren. Einer brachte ein Frettchen mit und setzte es in den Kaninchenbauten aus. "Nach einer Weile kam das Frettchen dick- und fettgefressen wieder zum Vorschein und wollte nicht weiterjagen", sagt Thormählen. Auch ein Falkner hatte nicht den gewünschten Erfolg. Der Jäger ließ den Falken steigen. Doch angesichts der Masse an Kaninchen wusste der Greifvogel gar nicht, wo er zu erst angreifen sollte. "Außerdem hat ein Falke in diesem unübersichtlichen Gelände keine guten Jagdbedingungen", sagt Walter Ellerbrock. Die Kaninchen können schnell im Gebüsch verschwinden, ehe der Falke zum Sturzflug ansetzt.

Ein Phänomen ist es auch, dass den Kaninchen am Herold-Center auch die in den vergangenen Jahren grassierenden Seuchen nichts anhaben konnten. Die sogenannte China-Seuche und die Myxomatose, die Kaninchenpest, hätten in der Feldmark die Bestände nahezu ausgerottet, sagt Walter Ellerbrock. "Doch den Kaninchen in der Stadt konnten die Seuchen nichts anhaben."

Die Ultima Ratio der Kaninchen-Bekämpfung ist sehr radikal: Der Einsatz von Gas. Tödliche Schwaden werden in die Gänge geleitet, die Tiere verenden unter der Erde. Auch für den Sportplatz am Coppernicus-Gymnasium war diese Möglichkeit in Betracht gezogen worden. "Doch in dieser Umgebung ist das nicht genehmigungsfähig", sagt Walter Ellerbrock.

Also bleiben nur die "Lebendfallen": Netze werden vor den Ausgängen der Kaninchen-Höhlen gespannt und die Tiere so gefangen. Danach müssen sie aber getötet werden. Laut Tierschutzgesetz, so Ellerbrock, dürften einmal gefangene Tiere nicht an anderer Stelle einfach wieder ausgesetzt werden.