Bis zu 12 000 Besucher kommen jeden Monat in das spezielle Erlebniszentrum. Damit ist die Forschungsstätte nach den Karl-May-Spielen die zweite große Attraktion im Kreis Segeberg.

Bad Segeberg. Der Raum ist fast dunkel. Erst wenn sich die Augen daran gewöhnt haben, ist eine große Glaswand zu erkennen, hinter der reges Leben herrscht: Fledermäuse, die mehr zu erahnen als zu erkennen sind, fliegen hin und her, quer durch das Gehege ist eine Leine gespannt, an der angeknabbertes Obst hängt. Hier können die Besucher tatsächlich eintauchen in die Welt der Fledermäuse, wie es das Segeberger Fledermauszentrum Noctalis verspricht: Im Noctarium von Noctalis leben über 100 Brillenblattnasen-Fledermäuse.

In diesen Tagen herrscht in dem blauen Gebäude auf der Rückseite der Karl-May-Spiele reges Treiben: Bis zu 12 000 Besucher kommen pro Monat, um sich im ersten Fledermauszentrums Europas über das Leben der nachtaktiven Tiere zu informieren.

Der Fledermaus-Zentrum GmbH ist es gelungen, mit dem vor zwei Jahren eröffneten Noctalis-Gebäude eine Einrichtung zu schaffen, die sich als Besucher-Magnet erwiesen hat. Auf vier Stockwerken erfahren die Besucher nahezu alles über das Leben der Fledermäuse. Sie tauchen in die Welt der nachtaktiven Flieger ein und lassen den Alltag für ein oder zwei Stunden hinter sich. Aber Noctalis ist nicht nur eine Erlebnisausstellung für die ganze Familie, sondern auch ein wissenschaftliches Forschungszentrum.

In Zeiten konkurrierender Vergnügungsparks müssen Besucher mit spektakulären Angeboten gelockt werden. Im Noctalis - dieser Name wurde nach langen Diskussionen gewählt, um auf etwas spektakuläres und Geheimnisvolles hinzuweisen - können Kinder und Erwachsene die Welt der Fledermäuse mit allen Sinnen erfahren. Auf 560 Quadratmetern gibt es viel zu entdecken, zu hören, zu sehen und anzufassen. Kinder können in Höhlen krabbeln, es gibt interaktive Lernstationen, 30 Hörplätze, auf denen sich die Besucher spannende Geschichten oder Fledermausgeräusche anhören könne. Höhlenfische und Grottenolme machen das Höhlenleben lebendig. Auch die "Verwandten" der Fledermäuse sind zu sehen: Batman, Graf Dracula und andere Lebewesen aus Geschichten und Mythen sind Gegenstand von Schaubildern.

Wie schnell schlägt eigentlich das Herz einer Fledermaus während des Winterschlafs? Besucher können es hören und ertasten. Und wenn im Hintergrund Schüsse und Explosionen zu hören sind, so deutet das nicht auf Revierkämpfe von Fledermausmännchen hin, sondern auf die Karl-May-Spiele, die in unmittelbarer Nachbarschaft des Fledermauszentrums über die Bühne gehen. Viele Besucher verbinden die beiden Attraktionen.

Hinter den Kulissen und unsichtbar für die Besucher der Fledermausshow mit professionell-touristischem Charakter arbeiten Dr. Anne Ipsen und Florian Gloza-Rausch, die mit ihrer wissenschaftlichen Arbeit das seriöse Fundament dieser Einrichtung bilden. Die Fledermausforscher schwärmen gelegentlich auch in entlegene Erdteile aus, um Feldforschungen zu betreiben.

Sie haben in Ghana nach unbekannten Viren in Fledermäusen und Flughunden gesucht, um bislang unbekannte Erreger aus der Gruppe der Coronarviren, die für den Ausbruch der oft tödlichen Lungenkrankheit SARS verantwortlich sind, zu finden. Anhand dieser Forschungen sollen Medikamente gegen tödliche Viruserkrankungen entwickelt werden. Wie gelangen die Viren von der Fledermaus auf den Menschen? Warum sterben die Tiere nicht an den Viren? Die beiden wissenschaftlichen Mitarbeiter helfen bei der Lösung dieser Fragen.

"Wir sind Praktiker und arbeiten nicht in einem Elfenbeinturm", sagt der Biologe Florian Gloza-Rausch (37), der sich seit seinem 16. Lebensjahr für Fledermäuse interessiert. Seine Kollegin Anne Ipsen hat ihre Doktorarbeit 1997 über den Höhlenkäfer geschrieben, den es nur in Bad Segeberg gibt und der sich vom Kot der Fledermäuse ernährt. Im Noctalis-Labor werden zum Beispiel Teichfledermäuse auf Viren untersucht. Bestandteil der Arbeit ist auch die Beringung der Fledermäuse, um mehr über die Wanderungsbewegungen zu erfahren.

Das Schülerlabor ist ein zusätzliches Angebot für Schulen, in dem sich die Schüler während des Biologieunterrichts auf wissenschaftlicher Basis mit den Fledermäusen auseinandersetzen.