Das Einwohnermeldeamt nimmt es bei der Auswahl der “biometrischen“ Fotos für den Pass ganz genau. Viele Fotografenmeister haben kapituliert.

Norderstedt. Peter Schiebold braucht einen neuen Personalausweis. Und für einen neuen Personalausweis braucht der Norderstedter ein neues Passfoto. Also guckt Peter Schiebold in die Gelben Seiten, Stichwort Fotostudio. Denn ein Automatenfoto in seinem Personalausweis kommt für ihn nicht infrage. Ein Eintrag in den Gelben Seiten macht ihn stutzig. Das Langenhorner Fotostudio " fotostudio-in-hamburg.de " von Karl-Heinz Steckel macht klar: "Keine Passfotos für Norderstedt."

Peter Schiebold ruft das Fotostudio Unger in Quickborn an. Die erste Frage lautet: "Fürs Norderstedter Amt?" Als Schiebold bejaht, wird der Auftrag abgelehnt. Schiebold wundert sich und versucht es in Henstedt-Rhen bei Karin Jonas: "Für Norderstedt? Das gibt nur Schwierigkeiten." Schiebold wendet sich an die Norderstedter Zeitung. Wir fragen nach, beispielsweise bei Karl-Heinz Steckel vom "fotostudio-in-hamburg.de". Der ist richtig zornig auf das Norderstedter Amt: "Ich habe 8000 Passfotos gemacht, und nie ist eines von den Hamburger Behörden beanstandet worden, nur von Norderstedt. Ich bin Fotografenmeister, und was sind die?"

Zu groß, zu klein, Köpfe mit Ohren, Köpfe ohne Ohren, Blitz auf der Brille, dann lieber gar keine Brille, Lächeln verboten: Steckel kennt sie alle, die Tadel des Norderstedter Einwohnermeldeamtes. Stets bekam er die Fotos mit einem langen Vorschriftenkatalog zurück. Nach dem 23. Foto sagte er: "Nie wieder Norderstedt!"

Dabei lichtete er sogar Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt ab - Passfotos fürs Arbeitsvisum in die USA. Weder das Auswärtige Amt noch die US-Behörden haben die Fotos je moniert. Der Fotografenmeister ging bis zum schleswig-holsteinischen Innenministerium. Doch auch die winkten, so Steckel, nur ab.

Auch Heidi Unger vom Fotostudio Unger in Quickborn ist sauer aufs Norderstedter Amt: "Irgendetwas finden die immer, und sei es ein angeblich falscher Hintergrund, ein glänzendes Brillengestell oder ein Schatten. Deshalb machen wir keine Passfotos mehr für Norderstedt." Auch die Norderstedterin Christa Dippe hatte mit ihren Passfotos vom Fotografen zunächst keine Chance: "Die ersten Passfotos haben sie abgelehnt mit der Begründung, es seien Schatten unter der Brille", sagt Dippe. Auch die zweiten Aufnahmen wurden bemängelt. "Da wurde ich mit ein paar passenden Worten ein bisschen energischer, und plötzlich ging es", sagt Dippe. Was beim Norderstedter Einwohnermeldeamt immer durchgeht, sind die Fotos aus dem Passfoto-Automaten "Fixfoto", der vor dem Amt steht. Peter Schiebold: "Wieso sind die Passfotos aus dem Automaten besser als die von Fotografen mit Meisterbrief?"

"Die Fotografen, deren Passfotos wir zurückweisen, machen nicht die Fotos, die wir für die Ausweise und Pässe benötigen", sagt Siegried Becker. Die Hauptamtsleiterin im Norderstedter Rathaus erläutert: "Wir halten uns genau an die Vorschriften, weil wir nicht wollen, dass die Bürger am Flughafen und an den Grenzen zurückgewiesen werden, weil die Fotos in den Ausweisen nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen." Außerdem würde die Stadt Norderstedt Schadensersatzansprüche wegen verpatzter Urlaubs- und Geschäftsreisen fürchten. Seit Einführung des biometrischen Passfotos im November 2007 gilt die strenge Regelung in Norderstedt. Norderstedt gehörte schon seit Januar 2007 zu den 20 deutschen Städten, die die neue Regelung erprobten. Sie ernteten das Lob der Bundesdruckerei. Und verärgerten schon damals die Bürger, weil sie Passfotos ablehnten (wir berichteten). Der Automat vor dem Einwohnermeldeamt, der die für Norderstedt perfekten Fotos macht, sei "ein Service für die Bürger", sagt Becker und betont, dass die Stadt kein Geld mit dem Automaten verdiene. Doch "Fix Foto" soll nach einer anderslautenden Aussage aus dem Rathaus für den Automaten Miete zahlen, und die Stadt sei am Umsatz beteiligt.

Die meisten Norderstedter Fotostudios haben sich auf die Norderstedter Foto-Richtlinien eingestellt. Optiker haben das Geschäft wegen der Beanstandungen aufgegeben. So wie Jorge Ribeiro, Optiker an der Rathausallee: "Es waren zu viele Reklamationen."

Peter Schiebold fragte schließlich im Norderstedter Fotostudio Heinz-Jo Meyer an der Falkenbergstraße an. Das Foto wurde denn auch akzeptiert. Nur seine Unterschrift nicht. Die musste Schiebold noch einmal machen.