Trockenheit und Wärme begünstigen die Parasiten. Die Blätter färben sich jetzt braun und fallen ab.

Norderstedt

Die Bäume sind in Gefahr, Pilze bedrohen die 20 000 Norderstedter Stadtbäume und die Eichen, Buchen und anderen Bäume in den Privatgärten. Indiz seien braune Blätter. "Viele Bürger rufen uns an und fordern uns auf, den Bäumen Wasser zu geben", sagt Bernhard Kerlin, im Norderstedter Rathaus zuständig für die Stadtbäume. Doch nicht Wassermangel schädige die Bäume. "Die Ursachen sind vielfältig, eine Hauptursache für das beginnende Baumsterben ist der Klimawandel", sagt Kerlin.

Die Trockenheit nehme zu, das schwäche den Organismus der Pflanzen, Pilze könnten sich einnisten. Kerlin beruft sich auf wissenschaftliche Studien, wonach die heimischen Bäume mildere und feuchte Winter sowie längere Trockenphasen im Sommer nicht folgenlos verkraften könnten. Forscher des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung, des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung und des französischen Laboratoire d' Ecologie Alpine hätten vorausgesagt, dass bis 2080 jede fünfte Pflanzenart Teile ihres heutigen Verbreitungsgebietes verlieren könnte.

Sorge macht Norderstedts oberstem Baumschützer aber auch ein Pilz, der aus dem Baltikum hierhergekommen ist: "Der Schädling attackiert Ulmen und Eschen. Er dringt von der Krone in die Stämme vor und ruft eine sogenannte Tracheomykose hervor, eine Pilzinfektion der Leitungsbahnen." Dadurch könnten Nährsalze und Wasser nicht mehr von den Wurzeln zur Krone transportiert werden, die Eschen seien einem schleichenden Tod ausgeliefert. Indizien seien braune Blätter und ausgedünnte Kronen, wie Kerlin sie auch zunehmend im Norderstedter Stadtgebiet findet. Doch auch andere Baumarten leiden, nicht nur Pilze bedrohen die Vitalität. Die Miniermotte befällt immer wieder Kastanien und sorgt dafür, dass sich die Blätter schon im Sommer braun färben und vorzeitig abfallen. Spinnmilben rufen das gleiche Schadensbild hervor. Der Pilz Phytophthora setzt den Eichen zu. Er befällt die Wurzeln der Bäume.

"Doch auch die Folgen der Zivilisation machen den Bäumen zu schaffen. Immer mehr Flächen werden versiegelt, die Bebauung rückt zu dicht an die Wurzeln heran", sagt Kerlin. Darunter würden vor allem Flachwurzler wie Birke und Ahorn leiden. Die Stadt sei "unterwühlt". Das Verlegen von Leitungen könne die Bäume ebenfalls schädigen.

Kerlins Ausblick klingt fatalistisch: "Gegen die neuen Schädlinge können wir so gut wie nichts machen." Wenn die Bäume stark genug sind, könnten sie den Befall aus eigener Kraft bekämpfen. Sie werfen Blätter und kleine Zweige ab und regenerieren.

Helfen könne verstärkter Einsatz für den Klimaschutz. "Dazu zählt auch, dass wir um jeden Baum kämpfen und nicht leichtfertig zur Säge greifen", sagt der Baumexperte. Die Gartenbesitzer könnten viel zu einem gesunden Stadtklima beitragen, wenn sie möglichst wenig Bäume fällen. Bäume seien Garanten für Lebensqualität: Sie spenden Schatten, produzieren Sauerstoff und nehmen Staub auf.

Weitere Maßnahme sei, Bäume zu pflanzen, die mit den sich neuen Klima-Bedingungen besser klarkommen. Damit hat die Stadt schon angefangen. Gepflanzt wurden beispielsweise Gingkos - die ältesten Bäume der Welt hätten lange genug bewiesen, dass sie robust sind. Zu sehen sind Gingkos am "Coyote Café" neben dem Rathaus. Den Test bestanden haben auch zwei neue Eichenarten. Die Stadt hat die ungarische Pflaumeneiche jetzt im Gewerbegebiet Nordport in die Erde gesetzt. Auch Blumeneschen und Baumhaseln seien geeignet.