Reingefallen! Während ich bei der Weiterfahrt über Sinn und Zweck von Slogan und Farbgebung sinnierte, hatte das Wahlplakat im XXL-Format der Partei “Die Linke“ rechts der Niendorfer Straße in Norderstedt seinen Auftrag erfüllt - es hatte in jenem entscheidenden Sekundenbruchteil des Gewahrwerdens meine Aufmerksamkeit erregt.

Warum, so fragte ich mich wie viele andere Betrachter vermutlich auch, werben die Roten für sich mit sattem Blau? Aber genau das ist natürlich der Gag (es sei denn, in der Wahlplakat-Druckerei in Ostberlin hatte es einen Engpass beim Marx-Rot gegeben...) Kein Mensch (und Wähler) fragt mehr nach Inhalt - die optische Wirkung von Wahlplakaten ist alles. Weit vorne liegt die FDP mit ihrer Vorzeige-Blondine, deren Namen ich mir einfach nicht merken kann. Umfragen zufolge, sind Männer längst kollektiv in die liberale Dame verliebt, Verkehrsexperten warnen davor, die vielen Plakate mit ihr könnten verstärkt Unfälle verursachen. Auch die CDU setzt auf Frontfrauen. Die Kanzlerin kommt auf den großformatigen Europawahlplakaten derart computertechnisch aufgehübscht daher, dass es für die Vertreiber von Fotobearbeitungsprogrammen eine helle Freude ist. Das Foto der Kandidatin Schnieber-Jastram allerdings, ehemalige Hamburger Sozialsenatorin, schaut derart gruselig aus, dass es dadurch verstärkte Aufmerksamkeit erregt: Mission erfüllt.