In Wacken hat es ordentlich geregnet. Die Konsequenz: Überall Schlamm: Dafür erfreuen sich Gummistiefel größter Beliebtheit.

Wacken. Schlamm, überall Schlamm. Hatte es am ersten Tag des Wacken Open Air nur gelegentlich ein wenig getröpfelt, prasselt der Regen in der Nacht stundenlang auf die vielen Tausend Zelte nieder. Wer nicht aus dem Schlaf gerissen wird, weil ihm das Wasser in den Schlafsack läuft, bekommt die Auswirkungen spätestens auf dem Weg zu den übrigens erstaunlich sauberen WC-Wagen zu spüren: Die Wege haben sich in tiefe Schlammlöcher verwandelt, bei jedem noch so vorsichtigen Schritt quillt der Matsch über die Schuhe.

Konsequenz: An den Wacken-Merchandise-Ständen auf dem Gelände entwickeln sich Gummistiefel mit Festival-Aufdruck zum großen Renner. Weder der Preis von 30 Euro noch der Hinweis einer Verkäuferin, "die Dinger" seien nicht sonderlich bequem, können daran etwas ändern. Und Gummistiefel sind nicht der einzige Verkaufsschlager. Schon zwei Stunden nach Festivalbeginn am Donnerstag sind viele T-Shirts, sämtliche Boxershorts und "Wacken 2008"-DVDs ausverkauft. Nur die ebenfalls angebotenen Vibratoren (in drei Ausführungen erhältlich) liegen wie Blei in den Regalen. Offenbar sind technische Hilfsmittel bei Metal-Fans nicht sonderlich angesagt ...

Schwer angesagt sind am ersten Wacken-Tag aber die Schlag auf Schlag auftretenden Bands, darunter eine, die wohl kaum jemand auf der Liste hatte: Skyline, die beim ersten Wacken-Festival 1990 dabei war und die Ehre hat, das 20. Festival zu eröffnen. Das tun sie mit großer Spielfreude und bester Laune, unterstützt durch Stargäste wie Doro, Onkel Tom oder Wacken-Gründer Thomas Jensen. Gemeinsam wird das hymnische "We Are The Metalheads" intoniert und im Chor mit den Zuschauermassen vor der Black Stage "Es gibt kein Bier auf Hawaii" gegrölt. Als Bonbons gibt's Coverversionen von Iron Maiden bis Thin Lizzy. Ein klasse Auftakt!

Von dem erleben Ines, Uwe, Frank, Bernd und Gabi aus Leipzig herzlich wenig. Die fünf Wacken-Veteranen (zum sechsten Mal dabei) haben sich auf einem der riesigen Campingplätze häuslich eingerichtet und verbringen die meiste Zeit auf Klappstühlen unter einem Plastikpavillon. "Die Musik hören wir auch hier", sagt Gabi, "und können nebenbei ganz gemütlich grillen." Die Bierdosenberge neben einem der drei Zweimannzelte lassen vermuten, dass das Bratgut zwischendurch ordentlich runtergespült wird.

Die meisten der insgesamt 75 000 Besucher zieht es allerdings vor die drei Hauptbühnen, auf denen die Top-Acts der Metal-Szene teilweise parallel spielen. Große Erwartungen sind im Vorfeld an das letzte Konzert der deutschen Band Running Wild geknüpft, die in Wacken ihre Abschiedshow gibt. Doch der Auftritt, der mit einem viel zu langen Schauspielintro im Hamburg- Dungeon-Stil beginnt, nimmt einfach nicht richtig Fahrt auf. Keine schlechte Idee, die Karriere zu beenden ...

Dass Vitalität nichts mit dem Alter zu tun hat, zeigen wenig später Heaven & Hell. Die Band von ehemaligen Black-Sabbath-Mitgliedern wie Ronnie James Dio und Tony Iommi ballert auf höchstem musikalischen Niveau eine Metalgranate nach der anderen aus den Boxen und euphorisiert die Massen bis Mitternacht. Ein Auftritt, der begeistert diskutiert wird, als Zehntausende zurück auf die Campingplätze strömen. Nicht um zu schlafen allerdings, sondern um im kleineren Kreis weiterzufeiern. Die überall aufgedrehten Auto-Stereoanlagen lassen Schlaf ohnehin nicht zu, warum also nicht neue Bekanntschaften schließen? Denkt sich auch der Leipziger Fünfertrupp, der es immer noch nicht vor eine Bühne geschafft hat. "Jetzt ist's ja sowieso vorbei", sagt Ines grinsend und macht sich ihr geschätzt zwölftes Bier auf. "Morgen ist auch noch ein Tag. Dann sind wir bestimmt unterwegs." Lohnen dürfte es sich, gibt's doch im Stundentakt noch jede Menge Metal-Legenden live zu erleben, denn auch im 20. Jahr gilt: Wacken rockt!

Eine Bildergalerie zum Festival in Wacken finden Sie unter www.abendblatt.de/wacken .