Bernd Althusmann (CDU) ist wegen der Plagiatsvorwürfe kaum noch im Amt zu halten, mutmaßen nun sogar seine Parteifreunde. Es wird eng für ihn.

Hannover. David McAllister lernt in diesen Tagen große Politik. An der Seite von Bundeskanzlerin Angela Merkel durfte der niedersächsische Ministerpräsident gestern Abend auf dem Flughafen Hannover-Langenhagen den russischen Präsidenten Dmitri Medwedew empfangen. Ob er die Kanzlerin in eigener Sache um Rat gefragt hat? Nur wenige Tage nach seinem "Einjährigen" als Regierungschef steht McAllister vor der Entscheidung, ob er mit Rücksicht auf die anstehende Kommunalwahl seinen Kultusminister Bernd Althusmann feuert, weil der sich mit massiven Plagiatsvorwürfen wegen seiner Doktorarbeit herumschlägt.

Eine Vorentscheidung dürfte noch diese Woche fallen. Am Freitag will der Dekan der Universität Potsdam seine Voruntersuchung der Doktorarbeit abschließen. Wenn er zum Schluss kommt, Althusmann habe geschummelt und nicht nur die eingestandenen handwerklichen Fehler gemacht, wird der Promotionsausschuss über die Frage zu entscheiden haben, ob der Titel aberkannt wird. Schwer vorstellbar, dass Althusmann dann noch im Amt bleiben kann.

Seine Doktorarbeit hat er mit "rite" gemacht, also denkbar knapp. Promoviert hat er als Dr. rer. pol. mit einer Arbeit über Prozessorganisation in der Öffentlichen Verwaltung und die Folgen für die Personalentwicklung.

Den Landespolitikern der CDU ist regelrecht auf den Magen geschlagen, was ausgerechnet die Wochenzeitung "Die Zeit" vor knapp zwei Wochen an Details über die Doktorarbeit auf gleich zwei Seiten ausgebreitet hat. Danach besteht die insgesamt 290 Seiten lange Dissertation zu großen Teilen aus verschleierten Zitaten und dementsprechend wenig eigenen Gedanken des Ministers. Zwar hat sich Ministerpräsident McAllister vorerst hinter seinen Minister gestellt, aber aus der Bundes-Partei gab es bereits die ersten Signale, man rechne mit einem Rücktritt. Hingewiesen wird dabei auch darauf, dass Althusmann Vorsitzender der Kultusministerkonferenz ist - ihn aber kein Student mehr ernst nehmen könne.

Für den SPD-Landesvorsitzenden Olaf Lies ist klar, dass Althusmann gehen muss. Er verweist auf Parallelen zur Doktorarbeitsaffäre des FDP-Politikers Jorgo Chatzimarkakis, dem der Doktortitel in der vergangenen Woche aberkannt worden ist: "Es handelt sich um die gleichen Vorwürfe, deshalb dürfte es dann wohl auch zu der gleichen Bewertung kommen."

Ministerpräsident McAllister hat Ende 2010 lange gezögert, ehe er seiner Landwirtschaftsministerin Astrid Grotelüschen (CDU) den Rücktritt nahelegte. Sie und das ganze Ressort waren ins Gerede gekommen durch Fernsehbilder von tierquälerischer Putenhaltung in Mastbetrieben, mit denen die Firma ihres Ehemannes geschäftlich verbunden war.

Im Falle Althusmann dürfte McAllister ein klarer und schneller Schnitt noch schwerer fallen. Der 44-jährige Althusmann ist ein enger Weggefährte des 40-jährigen McAllister - noch aus Oppositionszeiten vor 2003. Zudem galt Althusmann bis vor Wochenfrist als die letzte echte personelle Reserve der Landes-CDU. Schließlich wird McAllister inzwischen neben Bundesumweltminister Norbert Röttgen mangels Alternativen schon als Hoffnungsträger der Bundes-CDU gehandelt.

Und noch etwas kommt dazu: Althusmann hatte in dieser Legislaturperiode sein Abgeordnetenmandat mit dem Posten des Staatssekretärs im Kultusressort getauscht, um dann im April 2010 zum Minister aufzusteigen.

Er würde also tief fallen, sein Mandat ist weg. Die Grünen-Abgeordnete Ina Korter sieht in dieser misslichen Lage auch den Grund dafür, dass der Minister seinerseits die Autoren attackiert, die den Plagiatsvorwurf erheben. "Althusmann steht das Wasser bis zum Hals", so Korter.

Für Althusmann spricht, dass er anders als seine Vorgängerin Elisabeth Heister-Neumann wenigstens für relative Ruhe an den Schulen hat sorgen können. Gegen eine Hängepartie aber sprechen die schlechten Umfragewerte der bürgerlichen Koalition. CDU und FDP sind derzeit weit entfernt von der Mehrheit der vergangenen Landtagswahl Anfang 2008. Und am 11. September ist Kommunalwahl in Niedersachsen. Verliert die CDU da Platz eins an die SPD, werden es nervöse 16 Monate, ehe zur Jahreswende 2012/2013 der neue Landtag gewählt wird. Zudem steht in diesem Herbst ohnehin eine Kabinettsumbildung an.

Stefan Birkner, Staatssekretär im Umweltministerium, soll Nachfolger von Philipp Rösler als Landesvorsitzender der FDP werden. Der 42-jährige Jurist Birkner ist ein Protegé des gegenwärtigen Umweltministers Hans-Heinrich Sander (FDP).

Der hat sich für dessen Kandidatur als Landesvorsitzender stark gemacht und intern bereits signalisiert, dass er Birkner auch das Ministeramt abtreten wird, um ihm die Chance zu verschaffen, bekannter zu werden.

Außerdem könnte der neue Landesvorsitzende sonst in der Koalition mit der CDU kaum auf Augenhöhe agieren. Zwar ist Hans-Heinrich Sander nach achteinhalb Jahren im Amt keineswegs amtsmüde. Aber mit 66 Jahren dürfte ihm der Rücktritt auch nicht zu schwer fallen.