In Friedrichskoog können Urlauber ins Watt gehen und das “rote Gold der Nordsee“ in traditioneller Weise aus dem Wasser holen.

Friedrichskoog. Das "rote Gold der Nordsee" zu schürfen ist aufwendiger, als man denkt. Mehr als drei Stunden dauert es, bis es endlich im Topf köchelt, und dann muss man den Schatz noch pulen. Aber wie unbeschreiblich köstlich selbst gefangene Nordseekrabben schmecken! Frischer als selbst aus dem Wasser geholt kann man sie nun mal nicht bekommen. Und weil das Fangen mit dem Schiebehamen, auch Glieb genannt, ein großartiges Urlaubserlebnis ist, nimmt das Nordseebad Friedrichskoog seine Gäste in diesem Sommer wieder mit "auf Krabbenfang wie anno dazumal".

Den Schiebehamen - ein Fischernetz auf einem Holzgestell mit Stiel - geschultert, die Hosen hochgekrempelt geht es in Friedrichskoog-Spitze los. Es ist ein kleiner Trupp aus Friedrichskoogern und Wattführer Michael Beverungen, der für eine sichere Route durch das Watt und die Priele sorgen soll. "Das Watt ändert sich ständig, deshalb kann man nicht immer denselben Weg nehmen", sagt Beverungen, der im Hauptberuf als Nationalpark-Ranger arbeitet. Weit draußen in den Prielen sollen sich die Garnelen tummeln.

Von Gummistiefeln hat Astrid Lahrsen-Loges vom Tourismus-Service eindringlich abgeraten und empfohlen, barfuß zu laufen. Und schnell wird klar, warum: Das Schlickwatt lässt einen immer wieder fast bis zu den Knien einsinken. Das Schuhwerk wäre nach der Tour völlig hinüber. Und tatsächlich, die Angst, man könne kalte Füße bekommen, ist unbegründet. Beim Laufen werden sie ganz warm, der restliche Körper ebenso. Und wann ist schon der schwarzgraue Matsch zuletzt so schön durch die Zehen gequollen?

Draußen im Watt sieht man die Rettungsbake und links davon die Ölförderplattform Mittelplate. Ein wenig erinnert das aus der Ferne an die Stelzenhäuser in St. Peter-Ording. "Wie weit ist es noch bis zum Café?" - das sei ein ständiger Spruch der Urlauber, sagt Annelie Petersen aus Friedrichskoog, die sich der Truppe beim "Anfischen" angeschlossen hat.

Michael Beverungen blickt immer wieder auf seinen Kompass. Im Watt müsse man aufpassen, wohin man läuft, sagt er. Wichtig sei das Gerät auch, wenn mal tagsüber Nebel aufkommt und die Orientierung erschwert.

Problem Preisverfall

Aber an diesem Tag ist es heiter, wir stapfen durch einen Priel und spüren die Kraft, die das Wasser hat. Die Fließgeschwindigkeit ist enorm. Beim nächsten großen Priel heißt es: Rucksäcke abladen. Astrid Lahrsen-Loges hat eine Rettungsdecke mitgebracht, damit jeder seine Sachen trocken lagern kann. Jetzt heißt es Hosenbeine noch weiter hochkrempeln, um tiefer ins Wasser zu gehen. "Die Garnelen sitzen auf dem Boden. Bei Gefahr schnellen sie hoch", erklärt Michael Beverungen den Gästen. Pech für die Garnelen - sobald man die Glieb über den Grund schiebt, verfangen sie sich im Netz. So haben die Küstenbewohner - vor allem waren es laut Beverungen Frauen - ihre Krabben gefangen, ehe die großen Fischkutter aufkamen.

Im Beifang der Glieb sind kleine Plattfische, sie müssen als Erstes zurück ins Wasser. Die Strandkrabben werden per Hand aus dem mitgebrachten Sieb aussortiert. Dann werden die Krabben durchgesiebt, die kleinen flutschen durch und dürfen weiter wachsen. "Wir sind ja auf Nachhaltigkeit aus", sagt der Nationalpark-Ranger. Und während man dasteht und aussortiert, kribbelt es an den Beinen - die Strandkrabben nehmen Reißaus. Manchmal gehen von ihnen so viele ins Netz - dann lohnt es sich eher, die wenigen Garnelen dazwischen herauszuholen. Die größeren Krabben zwicken auch ganz gern, wenn man sie ins Wasser wirft. Alle Hobbyfischer hat jetzt das Beutefieber gepackt, wieder und wieder ziehen sie ihre Netze durchs Wasser, bis Beverungen zum Aufbruch mahnt. "Niedrigwasser ist durch", ruft er und zeigt auf die Glieb, die wir umgedreht an den Rand des Priels gesteckt hatten. Jetzt wird der Stiel bereits deutlich sichtbar vom Wasser umspült.

Beladen mit etwa drei Kilo der unscheinbar grauen kleinen Tierchen geht es zurück zum Festland. Zugedeckt sind sie mit einem feuchten Tuch, um frisch zu bleiben. In der Strandhütte des Tourismus-Service köchelt schon das Wasser auf einem Gasbrenner. Offenes Feuer wäre noch uriger, ist aber auf dem Deich nicht erlaubt. Als das Wasser in dem 20-Liter-Topf anfängt zu kochen, kippt Lahrsen-Loges die Krabben hinein. "Wenn sie rot werden, oben schwimmen und weiße Punkte bekommen, sind sie fertig", sagt sie. Und dann liegt das "rote Gold der Nordsee" endlich in kleinen Schälchen vor uns. Es wird ganz ruhig - jeder probiert den richtigen Kniff beim Pulen. Ein wenig Geduld braucht man, bis man genügend Krabben für ein Krabbenbrötchen zusammenhat, und den Stundenlohn für diese Mahlzeit sollte man auch nicht ausrechnen. Aber nie hat man frischere Krabben gegessen und nie haben sie besser geschmeckt. Und wohl deshalb sieht man in der Runde nur glückliche Gesichter.

"Auf Krabbenfang wie anno dazumal". 11. und 27. Juli, 25. August und 7. September. Erwachsene 12 Euro, Kinder 10 Euro, Familien 30 Euro. Anmeldung im Tourismus- Service Friedrichskoog, Koogstraße 141, Tel.: 04854/90494-0, www.friedrichskoog.de