Maroder Plenarsaal soll wegen drohender Kostensteigerungen nicht durch einen Neubau ersetzt werden, jetzt ist eine Sanierung geplant.

Hannover. Der Bund der Steuerzahler freut sich, die niedersächsischen Grünen triumphieren: Der Neubau des Plenarsaales des Landtages in Hannover ist vom Tisch. Zwar wollte Landtagspräsident Hermann Dinkla (CDU) am Donnerstag nicht Stellung nehmen, aber aus den Regierungsfraktionen CDU und FDP war zu erfahren, dass man angesichts drohender Kostensteigerungen über die veranschlagten 45 Millionen Euro hinaus keine Lust habe, sich vor der Kommunalwahl im Herbst und der Landtagswahl zum Jahreswechsel 2012/2013 die Finger zu verbrennen.

Dabei sind die jetzt von der Landesverwaltung vorgerechneten Mehrkosten von mindestens fünf Millionen Euro für viele Parlamentarier nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Seit der Entscheidung für den Neubau im Frühjahr 2010 nämlich sieht sich das Parlament noch aus einem anderen Grund breiter Kritik ausgesetzt. Der aus den frühen 60er-Jahren stammende alte Plenarsaal des Architekten Dieter Oesterlen steht unter Denkmalschutz. Dass der Landtag in eigener Sache für bessere Arbeitsbedingungen an höchstens vier Sitzungstagen im Monat sich selbst eine Ausnahme von den eindeutigen gesetzlichen Regelungen genehmigt hat, mobilisierte den Heimatbund, Geschichtsforscher, führte zur Gründung einer Bürgerinitiative und zudem zu mehreren Klagen vor den Verwaltungsgerichten.

Diskutiert worden ist über einen Neubau fast ein Jahrzehnt lang, ein erster Architektenwettbewerb wurde nie realisiert. Unmittelbar nach der Landtagswahl im Januar 2008 machte sich dann der frisch gekürte Parlamentspräsident Dinkla daran, einen neuen Wettbewerb und Mehrheiten über die beiden Regierungsfraktionen hinaus zu organisieren.

Die Meinungsbildung in der großen Regierungsfraktion CDU gestaltete sich schwierig. Sowohl der damalige Ministerpräsident Christian Wulff als auch Fraktionschef David McAllister warnten intern nachdrücklich vor dem Projekt. Letztlich aber entschied sich eine Mehrheit der Fraktion, angeführt von Landtagspräsident Dinkla, für den Neubau des Plenarsaals, der den maroden Oesterlen-Bau ersetzen sollte.

Von Anfang an gegen das Projekt war nur die Grünen-Fraktion, der sich später die Linksfraktion anschloss. In einer offenen Abstimmung aber votierte dann eine Mehrheit mit Stimmen auch aus der SPD für den Siegerentwurf des Architektenwettbewerbs. Realisiert werden sollte für höchstens 45 Millionen Euro das Projekt eines gläsernen Pavillons des Kölner Architekten Eun Young Yi. Vorgesehen war auch eine neue Tiefgarage, obwohl es im Umfeld des Landtages fußläufig mehrere große Parkhäuser gibt.

Daraus wird nun nichts. Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel sprach von einem späten Sieg der Vernunft: "Jetzt kann der günstigere Umbau im Bestand angegangen werden." Das "Abriss-Intermezzo", so Wenzel, habe den Landtag auch wegen des Hinwegsetzens über den Denkmalschutz viel Glaubwürdigkeit gekostet: "Dafür trägt der Landtagspräsident ein großes Maß an Verantwortung." Der Bund der Steuerzahler nannte die Umkehr einen erfreulichen Sinneswandel. Von Bürgern wie Staatsdienern würden angesichts steigender Schuldenberge Opfer verlangt. "In solchen Zeiten darf sich das Parlament nicht selbst einen gläsernen Tempel errichten."

Unbestritten ist, dass nun eine grundlegende Sanierung des alten Plenarsaales erfolgen muss. Das Dach ist undicht, es fehlt Tageslicht, die Heizung ist altmodisch, der Keller ist feucht, nicht einmal die Mikrofonanlage im Parlament funktioniert fehlerfrei.

Andererseits ist der alte Plenarsaal bei seiner Einweihung als das Symbol schlechthin gefeiert worden für das erst nach dem Krieg gegründete Bundesland Niedersachsen, für die Überwindung der Kleinstaaterei mit Hannover, Braunschweig, Oldenburg und Schaumburg-Lippe.

Landtagspräsident Dinkla, für den das Scheitern des Projekts eine empfindliche persönliche Niederlage ist, wollte sich nicht äußern. Der parlamentarische Brauch gebiete es, erst das Parlament zu informieren, ließ Dinkla über eine Sprecherin ausrichten.