Aus 1500 Meter Tiefe will RWE Dea den Rohstoff holen. Vor 150 Jahren wurde erstmals gebohrt.

Gifhorn. Die RWE Dea sucht nach Öl in Libyen, Polen, Mauretanien und nun auch in einem Kiefernwäldchen in der Lüneburger Heide. In der Nähe des Dorfes Ummern (Kreis Gifhorn) vermutet die international tätige Explorationsfirma mit Sitz in Hamburg in der Nähe alter ausgebeuteter Ölfelder noch Lagerstätten, deren Förderung sich dank des hohen Ölpreises und neuer Fördertechniken wieder lohnen könnte. "Gifhorner Trog" nennen die Fachleute die geologische Formation.

Das Vorhaben ist eine Rückkehr zu den Wurzeln der deutschen Ölförderung. Kaum 40 Kilometer entfernt liegt im Landkreis Celle das Dorf Wietze, wo vor genau 150 Jahren die weltweit erste erfolgreiche Bohrung niedergebracht worden ist. Und nur wenige Kilometer vom neuen Bohrplatz entfernt fördert die Dea bei Hankensbüttel auch heute noch.

Gestern präsentierten die Dea-Verantwortlichen den Bohrplatz im Wald. Schon seit einigen Tagen frisst sich der Bohrkopf immer tiefer in die Erde, 600 Meter hat er erreicht, aber auf 1500 Meter soll er noch kommen. Zwei weitere Bohrungen folgen. Einen zweistelligen Millionenbetrag investiert das Unternehmen nach eigenen Angaben in die Exploration.

Ausgangspunkt der Aktivitäten ist die Arbeit von Geophysikern und Geologen in der Hamburger Firmenzentrale. Die haben dort im sogenannten 3-D-Raum die Möglichkeit, die Ergebnisse neuer seismischer Messungen dreidimensional darzustellen. "Das funktioniert mit neuester Technik sehr detailgenau", erklärt Dea-Sprecher Derek Mösche. Die seismischen Daten habe das Unternehmen im Jahr 2006 über eine Fläche von 150 Quadratkilometern gesammelt.

Jeweils drei Wochen dauern die drei Bohrungen, danach werden die Fachleute wissen, ob sie bei der Interpretation der Ultraschallmessungen richtiggelegen haben. In der Vergangenheit wurde nach Dea-Angaben im Gifhorner Trog Erdöl von besonders guter Qualität gefunden. Das Öl im Trog kommt nicht in großen Blasen vor, sondern der Sandstein ist vollgesaugt mit dem Rohstoff. Lohnt die Ausbeutung des Öls auch dank neuer Fördertechniken, dann profitieren davon auch örtliche "Erdölinteressengemeinschaften", die alte Rechte haben. Wo es solche Altrechte meist von Landwirten nicht mehr gibt, kassiert nur der Staat für die Ausbeutung von Rohstoffen.

Gemessen am Verbrauch von jährlich über 100 Millionen Tonnen ist die deutsche Erdölförderung mit kaum drei Millionen Tonnen vor allem durch die Ölplattform Mittelplate im Wattenmeer nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Die Deutsche Erdöl Aktiengesellschaft (Dea) ist seit 110 Jahren im Geschäft, aber die deutsche Erdölgeschichte reicht noch deutlich weiter zurück. Schon im 16. Jahrhundert schöpften Bauern in Wietze am Südrand der Lüneburger Heide aus sogenannten "Theerkuhlen" das Erdöl und verkauften es dann als Schmier-, aber auch als Heilmittel. 1859 brachte der Geologe Konrad Hunäus dort die erste "ölfündige" Bohrung nieder. Bis 1963 wurde in Wietze Öl gefördert. Heute erinnert nur noch das Erdölmuseum in Wietze an diese Zeit.