Geesthacht. Der Energiekonzern Vattenfall hat über mindestens zwei Kommunalpolitikerinnen aus dem Umfeld des Pannenreaktors Krümmel kleine Dossiers angelegt. Eine Sprecherin des Konzerns bestätigte dies am Freitag auf Anfrage, versicherte aber auch, es gebe keine weiteren Aufzeichnungen über andere Atomkraftgegner. Eine Mitarbeiterin des Konzerns habe die Angaben ohne jeden Auftrag zusammengestellt: "Wir distanzieren uns davon."

Dass es sich nur um zwei Einzelfälle handelt, vermag allerdings Bettina Boll, eine der beiden Betroffenen, nicht glauben. Die Grünen-Ratsfrau aus Geesthacht: "Welcher Mitarbeiter macht so etwas wohl nur zum Vergnügen ohne Anweisung." Die 55-Jährige ist seit vielen Jahren aktiv in Gruppen, die eine sofortige Stilllegung des Reaktors Krümmel fordern. Das Blatt mit den Angaben über sich selbst hat sie als anonymen Brief erhalten und öffentlich gemacht. Auf derselben Seite sind auch Angaben über eine SPD-Abgeordnete aus dem Harburger Kreistag, die ebenfalls im Widerstand gegen Krümmel aktiv ist.

Nach der Pannenserie in Krümmel hatte das Energieunternehmen im Sommer Diskussionsveranstaltungen für Mandatsträger im Raum Geesthacht und für Bürger angeboten. Das kleine Dossier über Bettina Boll war, wie NDR 90,3 berichtete, darauf regelrecht zugeschnitten. Da wird "Vorsicht bei Bettina Boll" angeraten, und es gibt Handlungsanweisungen: "Argumentiert rein emotional, ausschweifende Wortbeiträge, muss nach 1-2 Min. ermahnt werden: Kein Kommentar, Frage bitte".