Wenn sich CDU-Fraktionschef Kurt Barkowsky den Kaltenkirchener Bürgermeister Stefan Sünwoldt (48, SPD) vornimmt, fliegen regelmäßig die Fetzen.

Kaltenkirchen. Diesmal hatte der altgediente Kommunalpolitiker eine Vernehmung des Verwaltungschefs vorbereitet. Um Grundsätzliches sollte es gehen, als der Christdemokrat mit der rauen Stimme und dem bärbeißigen Charme (Spitzname: Käpt'n Ahab) in der Stadtvertretung angriff: "Kennen Sie Ihre Aufgaben als Bürgermeister? Sind Sie in der Lage, die Aufgaben zu lösen?" Streit zwischen den Fraktionen und dem Bürgermeister gehören fast zur Tagesordnung im politischen Geschäft der holsteinischen Kleinstadt, doch Fragen von diesem Kaliber hatte man im Ratssaal noch nie gehört - ein weiterer Eklat im Dauerzoff um einen Bürgermeister, der eine ganze Stadt spaltet und Barkowsky mit der Bemerkung abblitzen ließ: "Ich habe keine Lust, darauf zu antworten."

Groß waren die Hoffnungen, als die Kaltenkirchener Sünwoldt vor fünf Jahren zum neuen Bürgermeister wählten. Der lange schlaksige Typ aus Sachsen-Anhalt hatte sich gegen etablierte Konkurrenten aus der Stadt und dem Umland durchgesetzt. Der Verwaltungsjurist und Einser-Lateiner mit rotem Parteibuch schaffte im ersten Anlauf den Sprung auf den Chefsessel und saß ab sofort im Ratssaal einer entsetzten Front von CDU und FDP gegenüber: Sünwoldt sei stets schlecht vorbereitet, Sünwoldt komme grundsätzlich zu spät zu Terminen, Sünwoldt habe das Rathaus nicht im Griff, lautete die Kritik von CDU und FDP. Wo die Parteien nichts zum Nörgeln finden, liefert der Verwaltungschef selbst die Munition für die Angriffe auf seine Person. Als er glaubte, gegen den FDP-Fraktionschef Eberhard Bohn ein Verfahren wegen Treuepflichtverletzung im Streit um die Innenstadt-Bebauung einleiten zu müssen, riefen Zuschauer im Ratssaal "Sünwoldt - go home!" Auch so etwas hatte man in Kaltenkirchen noch nie gehört. Das Verfahren verlief im Sand.

Sünwoldt schaffte es außerdem als einziger Bürgermeister weit und breit, sich sogar Ärger mit dem Bundesverteidigungsministerium einzuhandeln. Im Jahr 2007 hatte er sich in einem Anzeigenblatt Gedanken über die Integration von Migranten gemacht, deren Geschwister in Afghanistan von Nato-Streitkräften "geschändet und umgebracht" werden. Ein Staatssekretär schrieb einen empörten Brief, Sünwoldt wird zu Terminen in Kasernen nicht mehr eingeladen. Ein Jahr später wagte sich der Kaltenkirchener Verwaltungschef erneut in die Außenpolitik und beklagte bei der türkischen Gemeinde, dass der "europäische Imperialismus" von den "weltweiten Vormachtbestrebungen der USA" noch übertroffen werde.

Sünwoldts Parteifreunde in der SPD regten sich kaum, um den Verwaltungschef zu unterstützen. Erst jetzt, nach dem jüngsten Eklat, nahmen die Sozialdemokraten den Chef im Rathaus in Schutz und warfen den Kritikern vor, "Blödsinn" zu reden. SPD-Fraktionschef Georg Loger sagte: "Er erledigt seine Arbeit, wie es vorgeschrieben ist." Begeisterung hört sich allerdings anders an.

Und was sagt der Bürgermeister? Sünwoldt bezeichnet die "Vernehmung" in der Stadtvertretung als skandalös und ruft seine Kritiker auf, bei wichtigen Projekten wie der Gestaltung der Stadt endlich ihre Arbeit zu erledigen. In einem einzigen Punkt herrscht Einigkeit zwischen den schärfsten Kritikern des Bürgermeisters und seinen Unterstützern: "Er ist nett." Das sagt sogar der CDU-Fraktionsvorsitzende.