Nach den Aussagen von zwei ehemaligen Steigern mussten Atommüll-Fässer mit zu hoher Strahlung neu verpackt werden.

Hannover. Im maroden Atomendlager Asse bei Wolfenbüttel hat es in der Einlagerungsphase diverse Zwischenfälle gegeben, bei denen erlaubte Grenzwerte für die betroffenen Bergleute überschritten wurden. Nach den Aussagen von zwei ehemaligen Steigern vor dem Untersuchungsausschuss in Hannover gingen gestern aber die Bewertungen über diese Ereignisse weit auseinander. SPD, Grüne und Linksfraktion gehen von erheblichen Gesundheitsgefahren für die Bergleute aus, die Regierungsfraktionen von CDU und FDP warnten, die Vorkommnisse "nicht aus Effekthascherei zu skandalisieren".

Rund 126.000 Fässer mit schwach und mittelaktivem Abfall sind zwischen 1967 und 1978 in das einsturzgefährdete ehemalige Salzbergwerk gebracht worden. Die beiden Zeugen erinnerten sich dazu an "seltene Fälle" von Fässern mit zu hoher Strahlung, die neu verpackt werden mussten. Auch sind im Laufe der Jahre mehrere Bergleute so kontaminiert worden, dass sie zeitweise nicht in die Grube durften, um die erlaubte Jahresdosisleistung nicht zu überschreiten.

Die beiden Bergleute machten aber auch deutlich, dass sie sich bis heute nicht in Gefahr sehen. Auf die Zwischenfälle und kleinere Einstürze von Grubendecken angesprochen, sagte der ehemalige Steiger Manfred Hesse: "Das ist normal in einem Bergwerk." Und sein Kollege Robert Ahrens ergänzte: "Angst dürfen sie in einer Grube nicht haben." Aus der Sicht der Opposition zeigen die Zwischenfälle - aber auch der teilweise Verzicht auf ständige Strahlenmessungen bei einem Teil der Bergleute -, dass in der Asse leichtfertig mit dem gefährlichen Atommüll umgegangen worden ist. Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel sieht gesetzliche Bestimmungen zum Umgang mit Radioaktivität missachtet, spricht von einem "hemdsärmeligen Umgang mit dem Strahlenschutzrecht". Dagegen sehen die Regierungsfraktionen von CDU und FDP einen "verantwortungsvollen Umgang mit den Abfällen" bestätigt.

Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) als Betreiber des Endlagers lässt derzeit wissenschaftlich untersuchen, ob es Zusammenhänge geben könnte zwischen radioaktiver Strahlung in der Asse und Krebserkrankungen ehemaliger Bergleute.