FDP und CDU einigen sich auf Koalitionsvertrag. Richter weisen Eilantrag von Grünen und SSW gegen Sitzverteilung zurück.

Kiel. In Schleswig-Holstein ist Schwarz-Gelb perfekt. Die große Verhandlungskommission von CDU und FDP segnete wie erwartet die Kernpunkte des Koalitionsvertrags ab. Er soll heute von den Parteigremien abgenickt und am Sonnabend im Landeshaus vorgestellt werden.

Schützenhilfe bekamen CDU und FDP aus Schleswig. Das Landesverfassungsgericht wies nach Informationen des Abendblatts einen Eilantrag von Grünen und SSW gegen die Sitzverteilung im Kieler Parlament als "unzulässig" zurück. Damit bleibt es vorerst bei der schwarz-gelben Mehrheit (49 von 95 Sitzen).

"Wir sind sehr froh, dass wir den Koalitionsvertrag fertig haben", sagte Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) nach den nur einwöchigen Verhandlungen mit der FDP. Deren Landeschef Jürgen Koppelin nannte die Vereinbarungen eine hervorragende Grundlage, um Schleswig-Holstein in den nächsten fünf Jahren erfolgreich zu regieren.

Zuvor hatte Schwarz-Gelb letzte Hürden in der Innenpolitik beiseite geräumt. Die FDP setzte durch, dass auf Landesebene das Polizeirecht liberalisiert und auf Bundesebene Front gemacht wird gegen Sicherheitsmaßnahmen wie Vorratsdatenspeicherung und Online-Durchsuchung. Gegen diesen Kurswechsel hatte sich insbesondere der designierte Innenminister Klaus Schlie (CDU) gewehrt. Er musste auf Druck Carstensens einlenken.

CDU und FDP verständigten sich dem Vernehmen nach auch auf eine Änderung des Sparkassengesetzes. Ziel ist, auswärtigen Sparkassen wie der Haspa Beteiligungen auch an öffentlich-rechtlichen Kassen in Schleswig-Holstein zu ermöglichen.

Schwarz-Gelb änderte zudem den Kabinettszuschnitt. Das FDP-geführte Justizressort soll die Atomaufsicht (bisher Soziales) und teils die Ausländerpolitik (bisher Inneres) übernehmen.

Als Vize-Ministerpräsident wurde der künftige Sozialminister Heiner Garg (FDP) nominiert. Die Liberalen übernehmen zudem die Ressorts Bildung und Kultur (Ekkehard Klug) sowie Justiz. Die CDU erhält vier Ressorts. Finanzminister Rainer Wiegard bleibt absehbar im Amt, muss die Aufsicht über die HSH Nordbank aber an den neuen Wirtschaftsminister Jost de Jager abgeben. Finanz-Staatssekretär Schlie wird Innenminister, für das Ressort Landwirtschaft und Umwelt gibt es offiziell noch keinen Kandidaten.

Die Postenvergabe stößt in der CDU auf Unmut, weil bisher neben Carstensen nur fünf Männer als Minister gehandelt werden. "Wir brauchen Frauen im Ministeramt und haben genügend qualifizierte Frauen", sagte die Vorsitzende der Frauen-Union, Wirtschafts-Staatsekretärin Karin Wiedemann (CDU). Rückendeckung bekam sie von den SPD-Frauen. Die schwarz-gelbe Kabinettsbildung sei "ein Trauerspiel", sagte Cornelia Östreich, Chefin der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen. Schleswig-Holstein sei einmal Vorreiter bei der Gleichstellung gewesen.

Carstensen hat bisher alle Kritik an seiner "Mannschaft" zurückgewiesen. Gleichwohl hofft man in der CDU, dass der studierte Landwirt für das Agrarressort eine Frau findet. Bei der FDP ist Fraktionschef Wolfgang Kubicki auf der Suche nach einer Idealbesetzung für das Justizministerium - ob Mann oder Frau, scheint dabei zweitrangig zu sein.

Für Unruhe in der Union sorgt nicht nur das Personal, sondern auch die ausgehandelte Regierungspolitik. Die FDP habe ihre Positionen in den Streitfeldern Bildung, Polizei und auch Finanzen weitgehend durchgesetzt, klagte ein CDU-Unterhändler. Ob sich der Durchmarsch der FDP (drei Ministerien) auch politisch auszahlt, ist im Landeshaus umstritten. Die Liberalen erwarten, dass sie mit dem derzeit einzigen FDP-Sozialminister Deutschlands bundesweit Akzente setzen können. Skeptiker verweisen darauf, dass die Sozial- und Gesundheitspolitik in Berlin gemacht wird, wo Kiel kaum Einfluss hat.

Umso wichtiger ist für die FDP das Bildungsressort. Es steckt den Rahmen für die Schulen ab, steht damit im Rampenlicht. Bundesweit gibt es allerdings kaum Schulminister, die Wähler begeistern. Im Landeshaus macht daher eine alte politische Weisheit die Runde: "Mit Bildungspolitik kann man Wahlen nicht gewinnen, nur verlieren." Erfolg versprechender ist für die FDP das Justizressort. Es kann als Atomaufsicht Kernkraftwerke wie Krümmel zwar nicht stilllegen, aber scharf und öffentlichkeitswirksam kontrollieren. Zudem könnte das Ressort mit einer liberalen Ausländerpolitik schnell zum Gegenpol eines Innenministeriums werden, das vom Hardliner Schlie geführt wird.

Im Streit um die Sitzverteilung landeten CDU und FDP einen wichtigen Punktsieg. Das Landesverfassungsgericht stellte klar, dass Klagen gegen die Zusammensetzung des Landtags erst nach Abschluss des gesetzlichen Wahlprüfungsverfahrens möglich sind. Damit kann der neue Landtag absehbar wie geplant am 27. Oktober erstmals tagen.

Das Verfassungsgericht war erst gestern Mittag von Grünen und SSW angerufen worden. Die Landtagsfraktionen der beiden Parteien hatten in einem Eilantrag moniert, dass die Landesverfassung anders als das Wahlgesetz keine Begrenzung der Ausgleichsmandate vorsieht und daher auch die drei bisher ungedeckten Überhangmandate der CDU ausgeglichen werden müssten. Bei einem solchen Vollausgleich hätte Schwarz-Gelb die Mehrheit eingebüßt.