Nach 99 Jahren seit Stapellauf soll die einstige “Graf Goetzen“ aus Afrika heimkehren. Aber diese Reise ist nur das I-Tüpfelchen ihrer Geschichte.

Papenburg. Die "Graf Goetzen" wurde 1913 bei Meyer gebaut, zerlegt und am Tanganjikasee in Afrika zusammengesetzt. Sie wurde versenkt, gehoben - und spielte eine Rolle in "African Queen". Jetzt will sie ein Mann zurückholen.

Das Dampfschiff "Graf Goetzen" war einst der Stolz der kaiserlichen Kolonialtruppen in Deutsch-Ostafrika - 1913 auf Befehl Kaiser Wilhelms II. auf der Meyer Werft in Papenburg gebaut. Unter dem Namen "Liemba" fährt das Schiff noch heute Woche für Woche rund um den Tanganjikasee, als wäre es erst gestern vom Stapel gelaufen.

Doch jetzt, nachdem feststeht, dass die "Liemba" in drei Jahren außer Dienst gestellt wird, reifen im Emsländischen kühne Pläne, die einstige "Graf Goetzen" heimzuholen. Noch in diesem Jahr wolle er zusammen mit einem Ingenieur nach Tansania fliegen, sagt der CDU-Ratsherr, Geschäftsmann und Vorsitzende des Papenburger Heimatvereins, Hermann-Josef Averdung. Dabei wolle man sich "ein Bild über die Möglichkeiten vor Ort machen". Immerhin, das Unterfangen ist ehrgeizig und will gut vorbereitet sein. Wie schon auf dem Hinweg vor fast 100 Jahren müsste die "Graf Goetzen" auch auf dem Rückweg über Land transportiert werden. Wie einst in dem Film "Fitzcarraldo" (von Werner Herzog, mit Klaus Kinski), in dem ein Schiff über einen Berg transportiert wurde.

Allerdings diesmal innerhalb Afrikas per Bahn und auch nicht in "handlichen" Paketen, sondern in nur zwei Teilen, die dann von Daressalam per Schiff in die Heimat gebracht würden, erläutert Averdung. Dieser Plan hat jedoch seine Tücken. Denn auf der Fahrt müsse der Zug zwei Tunnel passieren, die für die beiden Teile einfach zu eng sind, sagt Averdung. Deshalb solle auf der Reise auch geprüft werden, ob sich das Schiff vor den Engpässen auf Spezialtieflader umladen und anschließend wieder auf die Bahn verladen lasse.

Für die ohnehin schon pralle Geschichte des Schiffes wäre all das nur eine weitere Episode: erst die abenteuerliche Reise von der Ems bis ins tiefste Afrika, einmal versenkt, einmal im Sturm untergegangen und nicht zuletzt eine Rolle in dem oscarprämierten Film "African Queen". Wenn alles nach Wunsch verläuft, kehrt das Schiff nun zum 100. Jahrestag seines ersten Stapellaufs nach Papenburg zurück.

"Die verrückten Deutschen lassen sogar Waschbecken, Toiletten, Kleiderbügel und Liegestühle von den Schwarzen nach Kigoma schleppen", schrieb ein britischer Agent 1913 in seinem Bericht. Und tatsächlich wurden nicht nur die beschriebenen Kleinteile, sondern ein ganzes Schiff von 67 Meter Länge und zehn Meter Breite auf dem Rücken einheimischer Träger von Daressalam rund 900 Kilometer bis zum Tanganjikasee durch den Dschungel getragen.

Zuvor war die "Graf Goetzen" auf der Papenburger Werft komplett zusammengebaut und "unter Dampf" erprobt worden. Nach erfolgreicher Jungfernfahrt wurde das Schiff zerlegt und in 5000 Kisten versandfertig gemacht. Begleitet wurde dieses "Baukasten-System" von drei Schiffsbauern aus Papenburg, die mit Hilfe einheimischer Handlanger die "Graf Goetzen" in knapp zwei Jahren wieder zusammensetzten und schließlich am 15. Februar 1915 endgültig vom Stapel ließen.

Da inzwischen der Erste Weltkrieg ausgebrochen war, wurde die ursprünglich als Fähr- und Versorgungsschiff für die deutschen Kolonialtruppen konzipierte "Goetzen" kurzerhand mit einem Bordgeschütz ausgerüstet und zu einem Kanonenboot der kaiserlichen Marine erklärt. Sie versenkte gar ein auf dem Tanganjikasee operierendes britisches Kanonenboot. Die Briten jagten die "Graf Goetzen" daraufhin, bis der Mannschaft nichts anderes übrig blieb, als das Schiff auf Befehl selber zu versenken. Es wurde später von den Briten gehoben und im Hafen von Kigoma wieder flottgemacht. Seither zieht der Dampfer unter neuem Namen seine Runden über den Tanganjikasee. Doch spätestens zum Jahr 2013 erlischt nun altersbedingt die Betriebserlaubnis des Schiffes. Die tansanischen Behörden würden es dann verschrotten lassen.

Das Rettungsprojekt ist mit 1,5 Millionen Euro veranschlagt. Die Finanzierung solle vor allem aus privaten Mitteln erfolgen, sagt Averdung, der allerdings auch auf Unterstützung der öffentlichen Hand hofft. Berechtigt, denn "die Stadt Papenburg steht der Idee grundsätzlich positiv gegenüber", sagte der Leiter des Kulturamtes, Marco Malorny.