Jens Tants kämpft gegen EU-Bürokratie und Windparks. Während neue Vorschriften und Konkurrenz die Küstenfischerei in die Knie zwingen, kauft er ein Schiff.

Cuxhaven. In der Eckkneipe Zur Luke ist nicht viel los an diesem Nachmittag. Nur wenige Schiffe liegen im alten Cuxhavener Fischereihafen, der schon einmal lebhaftere Tage gesehen hat. Möwen fliegen kreischend auf und zerreißen jäh die Stille, als der blaue Stahlkutter "Saphir" vor der Hafeneinfahrt aus dem Grau der Nordsee auftaucht. Kapitän Jens Tants lässt die "Saphir" im Bogen driften und legt dann den Kutter sanft an die Pier. Auf dem Eis unter Deck lagern gut zwei Tonnen Krabben. Der Fang von drei Tagen harter Arbeit auf der Nordsee. Und ein Fang, der nach Befürchtung der deutschen Küstenfischer in Zukunft immer schwieriger zu machen sein wird.

EU-Bürokratie, holländische Großkutter oder neue Offshore-Windparks würgen die Branche regelrecht ab. "Man lässt uns kaputtgehen", kritisieren Standesvertreter. Kürzlich erst demonstrierten 150 Kutter-Crews in Bremerhaven gegen das Aussterben der deutschen Küstenfischerei.

Auch Jens Tants war dort. Doch der stämmige 34-Jährige hofft weiter auf eine Zukunft. Muss er auch. Denn wenn jemand gegen einen Trend arbeitet - dann er. "Der Optimist von der Nordsee", sagt schon mancher über ihn hier an der Küste. In einer Zeit, in der Kutter, wenn überhaupt, nur noch von Söhnen weitergefahren werden und alte Fischer ihre oft jahrzehntealten Schiffe nicht mehr verkaufen können, ist Tants ein Neueinsteiger.

Eigentlich hat er einmal Maurer gelernt, weil ihm sein Vater, selbst ein Küstenfischer, von dem Job auf dem Kutter abgeraten hatte. "Doch ständig Kurzarbeit und Montage ist auch nicht meine Sache", sagt Tants. Er steuert jetzt selbst den kleinen Löschkran. Sein Lehrling hakt unten an der Luke die 15-Kilogramm-Säcke mit den dunklen Krabben ein. Nordseegarnelen heißen die kleinen, vielleicht fünf Zentimeter langen Krabben auch.

Tants und seine Kollegen spüren sie mit Grundnetzen an den Flussmündungen und im Wattenmeer auf. Ist es warm, halten sich die Krabben im tiefen Wasser auf. In der kalten Jahreszeit sind die Garnelen eher an den Wattkanten. Jens Tants reibt mit dem Finger an seiner Nase und grient: "Wo man fischt, muss man hier im Gefühl haben." Vor fünf Jahren erst hatte er sich umschulen lassen - gerade als er Vater geworden war. "War schon eine harte Zeit mit dem wenigen Geld", sagt er. Doch er wollte seinen Kindheitstraum vom Leben als Küstenfischer unbedingt wahr machen. Allen Widerständen zum Trotz damit seine Familie ernähren, Naturerfahrung, Jagd, Gefahren erahnen - auf solche Instinkte kommt es bei ihm jetzt an.

"Du bist da draußen einfach dein eigener Herr", sagt er. Und es sind auch diese Momente, die er so mag, wenn der Kutter irgendwo im Wattenmeer in einem Priel geschützt durch Sandbänke vor Anker liegt "Das ist einfach wunderschön."

Nach seiner Ausbildung zum Fischwirt machte er daher erst sein Patent und dann seinen Traum wahr. Er finanzierte mehrere Hunderttausend Euro und kaufte vor einigen Wochen seinen eigenen Kutter. Baujahr 1987 und aus Stahl. Und damit einer der modernen. Tants: "Neubauten für mehrere Millionen kann sich kaum noch einer leisten - und die alten Holzkutter finanziert keine Bank."

Mit Geselle und Lehrling fährt er nun von Frühjahr bis Dezember raus auf die Nordsee - falls lange kein Sturm tobt. Drei Tagen fischen sie, dann geht's zurück nach Cuxhaven zum Löschen. Ein, zwei Tage Pause - dann fährt er wieder raus. Nur im Winter machten die Krabbenkutter wegen der häufigen Stürme Pause. Doch in jüngster Zeit machen große holländische Kutter ihnen außerhalb der Dreimeilenzone Konkurrenz. "Die können auch bei Windstärke neun noch fischen - und wenn wir dann im Frühjahr kommen, ist der Preis im Keller", sagt Tants. Zwischen 1,50 bis fünf Euro pro Kilo Krabben bekommen die Kutterkapitäne von den Großhändlern. Große Umsätze sind da nicht drin. Dennoch sollen sie nach neuen EU-Vorschriften mehr Sicherheitstechnik und zusätzliche Satellitengeräte anschaffen, damit sie von Behörden lückenlos überwacht werden können. Investitionen von Zehntausenden von Euro sind da zu wuppen. Hinzu kommen die neuen Windparks vor der Küste, die in ihre traditionellen Fanggebiete gebaut werden. Auch Tants kann sich aufregen, wenn er von diesen Dingen spricht. Dennoch will er zuversichtlich bleiben. "Da boxe ich mich schon durch", sagt er kämpferisch und hofft, dass sein Traum nicht zum Albtraum wird.