Ein 36-jähriger Ahrensburger bringt einen Kleinwagen mit Elektroantrieb auf den Markt.

Ahrensburg. Er sei seit jeher ein richtiger Autonarr, sagt Jan Luis. Früher hätte man ihn einen Mann mit Benzin im Blut genannt. Heute wohl eher einen, der unter Strom steht. Denn Jan Luis aus Ahrensburg will ein Elektroauto auf den Markt bringen. "Den ersten Wagen dieser Art in Deutschland", sagt der 36-Jährige. Der Verkaufsstart ist für Mittwoch kommender Woche geplant - im Direktvertrieb per Internet (www.luis.de) und Telefon. 5000 Wagen will er im kommenden Jahr unters Volk bringen.

Ein Backstein-Pavillon in einem Ahrensburger Wohngebiet: der Firmensitz der Luis AG. Dort hat der Firmenchef sein Elektroauto erfunden. Und hier steht es jetzt, direkt neben einer Außensteckdose: klein, weiß, eine rote Händlerzulassung als Nummernschild. "Das ist der 'Luis free'", sagt Jan Luis, "alles Handarbeit." Den Rohling lässt er in China fertigen, in mehreren Manufakturen im Umland der Boom-Metropole Shenzhen. Die Elektronik wird in Ahrensburg eingebaut. Auch in Handarbeit.

Und ganz ehrlich: Wie Handarbeit, ein bisschen selbst gestrickt, wirkt der "free" auch. Beim ersten Blick etwa fällt das Dach aus Fiberglas auf - wellig, als sei gerade ein heftiger Hagelschauer darauf niedergegangen. Trotzdem wirkt das 3,40 Meter kurze Auto vertraut. Gab es da nicht einen Kleinwagen koreanischen Fabrikats, dessen Linienführung nahezu identisch war?

"Wir haben Lizenzen für alles", sagt Jan Luis, dessen Firma in erster Linie Rückfahrsysteme für Nutzfahrzeuge entwickelt und vertreibt. Sein Motiv, nun selbst einen Kleinwagen anzubieten: "Ich wollte vor zwei Jahren selbst ein Elektroauto kaufen. Aber es gab keine Angebote. Also habe ich beschlossen, eines auf den Markt zu bringen." Kontakte nach China hatte er, denn seit 2003 lässt Luis (nach eigenen Angaben 4,8 Millionen Euro Umsatz im Jahr 2008) im Reich der Mitte produzieren; etwa 100 Menschen arbeiten dort für ihn, 15 in Ahrensburg.

Nun rollen bald die ersten "free"-Modelle auf deutschen Straßen, je nach Ausführung 7,5 oder 11,5 PS stark und höchstens 60 beziehungsweise 80 Kilometer pro Stunde schnell. Zehn Bleisäure-Batterien sollen bis zu 200 Kilometer Reichweite möglich machen. Noch sind alle Autos reine Vorführwagen.

Das Abendblatt hat einen gefahren. Die Bedienung ist problemlos: Pedal durchtreten, fertig. Der Elektrozwerg rollt nahezu geräuschlos an. Ein Getriebe gibt es nicht, der Fahrer kann nur zwischen "vorwärts" und "rückwärts" wählen. Erst mal in Fahrt, dringen lediglich die Laute des Fahrwerks ans Ohr der Insassen. Je nach Beschaffenheit des Straßenbelags mal mehr, mal weniger polternd.

ABS, ESP, Airbags und selbst einen automatischen Blinkerhebel-Rückholer sucht der Fahrer dieses Autos vergebens. "Wir haben auf alles verzichtet, das den Preis unnötig erhöhen würde", sagt Jan Luis, "denn wir sind der Aldi unter den Autobauern." Allerdings steckt der Wagen voller Elektronik-Ausstattung. Einparkhilfe, Multimedia-Radio und eine Video-Blackbox gehören beim "free-Comfort" zur Serienausstattung.

Apropos Aldi: Ein Schnäppchen ist das 12 000 beziehungsweise 15 000 Euro teure Auto erst auf den zweiten Blick. "Bedenken Sie, dass Sie nie wieder tanken müssen", sagt Jan Luis. Die Stromkosten beziffert er auf 1,50 Euro pro 100 Kilometer.

Nächsten Mittwoch also soll der Verkauf beginnen. Und Jan Luis hofft, bis dahin das letzte Problem gelöst zu haben: Die Typenzulassung des "free" durch das Kraftfahrtbundesamt liegt ihm noch nicht vor.