Datenschützerin rät Hausbesitzern zum Widerspruch. Bürger sind verunsichert und wütend.

Wie viele Kameraautos derzeit durch Norddeutschland kurven, um alle Straßen und Häuser für den Internetkonzern Google digital zu erfassen, mag Google-Deutschland-Sprecher Stefan Keuchel nicht verraten: "Die Zahl liegt irgendwo unter 100." Dass die kleinen Autos mit aufmontierten acht Kameras Aufsehen erregen und Ängste auslösen, bestätigt dagegen Monika Weichsel, zuständige Referentin beim niedersächsischen Datenschutzbeauftragten Joachim Vahlbrink.

Bei ihr melden sich "verärgerte und verunsicherte Bürger", sagte sie dem Abendblatt. Eine genaue Zahl will sie nicht nennen, rät aber allen Bürgern, die ihr Haus nicht im Internet präsentiert sehen wollen: "Es gibt eine Widerspruchsmöglichkeit bereits vor der Erhebung der Daten durch Google."

Klar ist: Google will nach dem Vorbild der Vereinigten Staaten und einiger europäischer Länder wie England oder Italien auch in Deutschland Stück für Stück alle Straßen und Plätze abfotografieren und dann über den bereits vorhandenen Internetdienst Google Maps für virtuelle Spaziergänge als "Street View" zugänglich machen. Hamburg etwa ist bereits weitgehend erfasst, am Ende soll auch das kleinste Dorf verfügbar sein.

Google-Sprecher Stefan Keuchel: "Die Mission von Google ist, die Informationen der Welt zu organisieren." Ob der Start von "Street View" noch in diesem Jahr erfolgen wird, wollte er nicht bestätigen. Wie umstritten das neue Feature des Internet-Giganten ist, zeigte sich gerade im englischen Dorf Broughton. Dort blockierten Anwohner ein Kameraauto und zwangen es zur Umkehr.

Aber nicht nur bei den Bürgern, auch unter Datenschützern sind die Meinungen über Street View geteilt. Schleswig-Holsteins Datenschutzbeauftragter Thilo Weichert hat 2008 versucht, die Kameraautos gar nicht erst ans Werk gehen zu lassen. Erfolglos. Ein vom Wissenschaftlichen Dienst des Landtages in Kiel angefertigtes Gutachten zeigte auf, dass ein generelles Veto nicht möglich ist. Autor der Expertise ist Professor Johannes Caspar, den die Hamburger Bürgerschaft vor zwei Wochen zum neuen Datenschutzbeauftragten gewählt hat.

Inzwischen haben sich Datenschützer von Bund und Ländern auf einen Forderungskatalog geeinigt: Danach soll Google alle Gesichter, die Autokennzeichen und Hausnummern unkenntlich machen. Zudem sollen die Wünsche aller Anlieger, die ihr Zuhause nicht im Internet zur weltweiten Betrachtung freigeben wollen, berücksichtigt werden. Während das Unternehmen zwei Punkte, die Unkenntlichmachung von Gesichtern und Kennzeichen, nach eigenen Angaben bereits vorgesehen hat, hält es ein solches Vorgehen bei den sehr unterschiedlichen Hausnummern für technisch nicht machbar. Auch ganze Häuser sollen nur nachträglich und auf Antrag wieder gelöscht werden.

Die Hamburger Datenschutzbehörde ist, weil das Unternehmen hier seinen Sitz hat, federführend beim Versuch, alle Bundesländer unter einen Hut zu bringen. Beim nächsten Treffen in Schwerin am 23. und 24. April werde es darum gehen, so formuliert Hans-Joachim Menzel für Hamburg vorsichtig, "ob unsere Bedingungen technisch umsetzbar sind". Die niedersächsische Datenschutz-Referentin Monika Weichsel dagegen bleibt bei ihrer Empfehlung, vorsorglich Widerspruch einzulegen: "Das Bundesdatenschutzgesetz ist ernst gemeint."