Polizei fasst angeblichen Betreiber einer Mobbingseite. Doch er ist wohl nur ein Trittbrettfahrer

Lübeck. Mitarbeiter von Polizei und Staatsanwaltschaft haben in Lübeck einen mutmaßlichen Betreiber der Internetseite "iShareGossip" festgenommen. Manuel T. hatte sich in einem TV-Interview als "Gründer, Geschäftsführer, Betreiber und Administrator" der Seite bezeichnet. Auf "iShareGossip" verbreiten vor allem Schüler zum Teil höchst aggressive Lästereien und Beleidigungen über Mitschüler und Lehrer. Die Seite ist als jugendgefährdend eingestuft, kann über normale Suchmaschinen nicht mehr gefunden werden. Mehr als 60 Strafanzeigen liegen gegen die Betreiber vor. In einer ersten Vernehmung mussten die Ermittler jedoch feststellen, dass Manuel T. bei seinem anonymisierten Fernsehauftritt deutlich zu dick aufgetragen hatte. Bei ihm handelt es sich offenbar um einen Trittbrettfahrer.

Seit mehreren Monaten sucht die in diesem Fall federführende Staatsanwaltschaft Frankfurt nach den Betreibern der Lästerseite, die jegliche Kontrolle kategorisch ablehnen. Nach einem Bericht des Sat.1-Magazins "Akte 20/11" wähnten sie sich am Ziel. Manuel T. hatte einem Reporter vor seinem Wohnhaus bereitwillig Auskunft über Ziel und Hintergründe von "iShareGossip" gegeben. Über Hinweise im Internet und eine Personenrecherche identifizierten sie den 25-jährigen Lageristen, der im Stadtteil St. Jürgen in einer Dachgeschosswohnung lebt. Als er von einer Fahrradtour nach Hause kam, nahmen sie ihn fest.

"iShareGossip" war vor allem nach einem Zwischenfall im März in die Schlagzeilen geraten. Ein 17-Jähriger, der einen Streit schlichten wollte, wurde krankenhausreif geprügelt. Die Kontrahenten des Streits hatten vorher auf der Internetseite gegeneinander gehetzt. Die Betreiber der Seite tarnen sich hinter Anonymisierungsdiensten. Ihr Server steht in Schweden. Einmal niedergeschriebene Beiträge sind kaum aus dem Netz zu entfernen, juristische Erfolge sind mangels bekannter Hintermänner bislang ausgeblieben. Und das wird zunächst wohl auch so bleiben. Ein "Alexander Liepa" schreibt auf dem Blog von "iShareGossip" über T.: "Mit seinem Auftritt bei Akte 20/11 hat er den Rest des Teams hintergangen." Manuel T. sei zwar eines der ersten Mitglieder gewesen, er habe aber nie Zugriff auf Server, Bankkonten oder kritische Inhalte der Seite gehabt und sei demnach auch nicht im Besitz von Daten, die das Team oder User kompromittieren könnten.

Was den Lübecker Lageristen zu dem Auftritt trieb, ist bislang unbekannt. Doch auch, wenn Manuel T. keiner der Betreiber von "iShareGossip" ist, kommt nun eine Menge juristischer Ärger auf ihn zu.

Er wird sich wegen Vortäuschens einer Straftat verantworten und den Polizeieinsatz bezahlen müssen. Nach den Hintermännern der Mobbing-Seite wird weiter gefahndet.