Schwerin (dpa/mv). Für Lehrer, Erzieher oder Mitarbeiter in der Jugendhilfe ist es oft schwer zu entscheiden, wie mit Informationen über mögliche Kindeswohlgefährdung umzugehen ist. Eine Handreichung soll dabei helfen.

In Mecklenburg-Vorpommern sind in den letzten Jahren deutlich mehr Verdachtsfälle der Kindeswohlgefährdung gemeldet worden. Innerhalb von zehn Jahren stieg die Zahl um etwa 45 Prozent auf rund 5200 im Jahr 2022. In etwa jedem dritten Fall habe sich der Verdacht auch bestätigt, sagte Sozialministerin Stefanie Drese (SPD) am Dienstag in Schwerin. Der deutliche Anstieg der gemeldeten Fälle habe seine Ursache vor allem in einer gewachsenen Sensibilität für die Themen Gewalt gegen Kinder oder Missbrauch. „Es ist ein klares Zeichen dafür, dass weniger weggesehen wird“, konstatierte die Ministerin. Insbesondere auch in Sportverbänden sei das Verantwortungsbewusstsein deutlich gestiegen.

Die Jugendämter mussten 2022 - neuere Daten lagen nicht vor - nach Angaben der Ministerin in fast 1000 Fällen von akuter oder latenter Kindeswohlgefährdung eingreifen, um Minderjährige vor Gefahren im engeren Familien- oder Bekanntenkreis zu schützen. In der Mehrzahl der Fälle habe sich aber der Verdacht nicht bestätigt oder es seien Erziehungshilfen gewährt worden. „Wenn es um die Gefährdung von Kindern geht, darf nicht geschwiegen werden. Dann lieber einmal zu viel melden, als einmal zu wenig“, sagte Drese bei der Vorstellung einer Handreichung zum Umgang mit personenbezogenen Daten und Vorschriften. Oft bestünden dazu Unklarheiten, was zu Verzögerungen führen könne.

Die knapp 300 Seiten umfassende Publikation „Datenschutz - (k)ein Hindernis im Kinderschutz(!)?“ erörtere bundesweit erstmals umfassend, wann Datenschutz im Kinderschutz zu berücksichtigen ist und wann er hinter gesetzlichen Regelungen zurücktrete. Die auch online verfügbare Publikation solle insbesondere Fachkräften der Jugendhilfe und deren Kooperationspartnern wie Lehrern, Erziehern oder Übungsleitern Entscheidungsgrundlagen liefern.

„Es gibt in Deutschland keine datenschutzrechtlichen Vorgaben, die beim Verdacht der Kindeswohlgefährdung die Informationsübermittlung verhindern“, betonte der Mitautor der Handreichung, Hans Leitner. Vielfach gehe es um Vertrauensschutz, ohne den Sozialarbeit nicht funktioniere. Im Zweifelsfall gehe es immer darum, Kinder vor Schlimmerem zu bewahren. Mit der Handreichung, für die das Land 120.000 Euro bereitstellte, sei Mecklenburg-Vorpommern bundesweit beispielgebend, betonte Leitner.

Nach Angaben Dreses plant Mecklenburg-Vorpommern ein eigenes Kinderschutzgesetz, um Minderjährige besser vor Gefahren in der Familie und im persönlichen Umfeld zu schützen. Von einem solchen Gesetz solle ein weiterer Impuls für den besseren Schutz von Kindern und Jugendlichen ausgehen. Dem Thema sei auch die 17. Kinder- und Jugendschutzkonferenz am 15. Mai in Güstrow gewidmet. Dafür hätten sich bereits 400 Teilnehmer angemeldet.