Greifswald (dpa/mv). Die Coronapandemie machte Wissenschaftler zur Zielscheibe von Anfeindungen. Der Greifswalder Bioinformatiker Lars Kaderali kam nach eigener Aussage besser dabei weg als ein prominenter Kollege.

Der Greifswalder Bioinformatiker Lars Kaderali ist nach eigener Aussage zwar auch im Zusammenhang mit der Coronapandemie angefeindet worden. Er sei aber nicht in dem Maße angegangen worden, dass sich etwa ein Gericht damit befasst habe wie derzeit im Fall des Virologen Christian Drosten. „So weit ist es nie gegangen“, sagte Kaderali der Deutschen Presse-Agentur. Er habe viele teils abstruse E-Mails und Anrufe erhalten. Auch Beleidigungen seien dabei gewesen oder Aussagen wie „man sollte Sie ins Gefängnis stecken“. Es sei aber nie so weit gegangen, dass er Anzeige erstattet habe. Kaderali habe auch nie explizit Morddrohungen erhalten.

Kaderali war wie Drosten auch Teil des Corona-Expertenrats der Bundesregierung, beriet die Schweriner Landesregierung während der Pandemie und nahm häufig öffentlich etwa zu Corona-Schutzmaßnahmen Stellung.

Am Amtsgericht Waren läuft aktuell ein Prozess, in dem es um Beschimpfungen gegen Drosten auf einem Campingplatz an der Mecklenburgische Seenplatte im Sommer 2022 geht. Sie seien damals mit großem Hass gegen seine Person einhergegangen, hatte Drosten vergangenen Dienstag ausgesagt. Angeklagt sind zwei Frauen und ein Mann aus Berlin.

Kaderali erinnert sich an einen Vortrag in Greifswald, bei dem Polizei zugegen war, weil vor dem Gebäude Anhänger der Querdenker-Szene demonstrierten. „Das ging dann nur mit Polizeischutz. Also das war das Extremste, glaube ich.“

Kaderali ist überzeugt: „Das, was Herr Drosten da erlebt hat, so schlimm ist es zum Glück nie gewesen.“ Die teils dicken Pakete, die er per Post erhalten habe, seien mitunter etwas beängstigend gewesen. „Sie wissen nicht genau, was da drin ist.“ Es seien dann teils lange Pamphlete mit den vermeintlich wahren Hintergründen der Coronapandemie gewesen.

„Es gab Zeiten, da konnte ich nicht in den Bäcker gehen oder ins Autohaus gehen, ohne auf Corona angesprochen zu werden.“ Das seien nicht nur negative Ansprachen gewesen. Auf dem Spielplatz habe ihm ein Vater von seiner Long-Covid-Krankheit erzählt. „Oder Leute, die dann beim Bäcker plötzlich ihre Leidensgeschichte erzählen, dass der Mann auf der Intensivstation liegt.“ Menschen hätten aber auch gesagt, „dass das verbrecherisch wäre, was man da auf der letzten Landespressekonferenz gesagt hätte“.

Die Prominenz sei „wirklich eine Erfahrung“ gewesen. Normalerweise seien Wissenschaftler doch sehr in ihrem eigenen Bereich unterwegs. „Und plötzlich ist es so öffentlich.“ Erkannt werde er weiterhin von vielen Menschen, aber das Thema Corona stehe nicht mehr so im Vordergrund.