Schwerin (dpa/mv). Die Landesregierung meint, sie habe den Ausbau der erneuerbaren Energien in MV in gut vorangebracht. Ein Branchenverband sieht erhebliche Reserven.

Der angestrebte rasche Ausbau der Ökostromproduktion wird nach Ansicht des Landesverbandes Erneuerbare Energien in Mecklenburg-Vorpommern noch immer durch Bürokratie und fehlende Entscheidungsfreude ausgebremst. Mehr als 20 Untätigkeitsklagen gegen Genehmigungsbehörden verdeutlichten das Problem. „Wir müssen endlich den Schwung des Bundes beim Klimaschutz aufnehmen und in effizienten Genehmigungsverfahren umsetzen“, forderte Landesverbandschef Johann-Georg Jaeger.

Die positive Bilanz, die die rot-rote Landesregierung zur Halbzeit der Wahlperiode auch zum Klimaschutz und zum Ausbau der erneuerbaren Energien gezogen habe, werde der Realität nicht gerecht. Genehmigungsverfahren verliefen im Nordosten weiter schleppend und mit hohem Personaleinsatz auf allen Seiten, weil immer neue Aspekte begutachtet werden müssten. „Dies bremst den notwendigen Ausbau erheblich. Sowohl im Bestand als auch im Ausbau belegt unser Bundesland lediglich Platz 9 unter den 13 Flächenländern. So verspielen wir wichtige Zukunftschancen, die sich durch ein breites Angebot ergeben“, warnte Jaeger.

Den größten Bremsklotz verortet er im Schweriner Ministerium für Klimaschutz. Zwar sei die Entschlackung der Genehmigungsverfahren von der Landesregierung mehrfach als wichtiges Ziel formuliert worden. „Allerdings wird die Umsetzung bisher nur lustlos vorangetrieben, weil das Klimaschutzministerium befürchtet, dass seine Möglichkeiten bei Genehmigungsverfahren eingeschränkt werden könnten. Dies muss sich im Sinne des Klimaschutzes und auch des effizienten Einsatzes der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Genehmigungsbehörden endlich ändern“, forderte Jaeger.

In ihrer Halbzeitbilanz hatte die Landesregierung für sich in Anspruch genommen, den Ausbau der erneuerbaren Energien vorangebracht zu haben. Als Beispiele wurden die Inbetriebnahme großer Solarkraftwerke und des Ostsee-Windparks Arcadis Ost I genannt. Um den Ausbau zu beschleunigen, seien zusätzliche Stellen in den Behörden geschaffen und per Erlass klare, landesweit einheitliche und verbindliche Kriterien für die Ausweisung neuer Windenergie-Eignungsflächen geschaffen worden, hießt es in dem 25-seitigen Bilanzpapier.

Jahrelange Verzögerungen bei der Windkraft-Planung in den Regionen hatten neben langen Genehmigungsverfahren den Ausbau der Ökostrom-Produktion gebremst. Nach den Vorgaben des Bundes soll der Anteil ausgewiesener Windeignungsflächen bis 2032 von derzeit 0,8 auf 2,1 Prozent der Landesfläche anwachsen. Das stößt vielerorts auf Kritik, auch weil die Netzentgelte im Nordosten wegen des Ausbaus der Stromleitungen bundesweit zu den höchsten gehören und die Gewinne aus den Windparks überwiegend an auswärtige Investoren fließen.

Ende 2023 waren im Nordosten 1852 Windräder mit einer Gesamtleistung von 3722 Megawatt am Netz. Damit hatte Mecklenburg-Vorpommern einen Anteil von 6 Prozent der bundesweit installierten Windrad-Leistung. Nach Branchenangaben gingen im vergangenen Jahr im Nordosten 41 neue Windräder in Betrieb und damit fast dreimal so viele wie 2022. Gleichzeitig wurden 22 veraltete Anlagen demontiert. Im Nachbarland Schleswig-Holstein hingegen wurden 249 neue Windräder errichtet. Damit wurde ein Netto-Zubau von 1109 Megawatt erreicht.