Damenteam der Harburger Radsport-Gemeinschaft geht beim größten Hamburger Radrennen mit seinem Maskottchen an den Start.

Das Maskottchen ist schon da. Beim letzten gemeinsamen Training saß es ganz vorn auf dem Lenker von Christiane Brohmann: ein kleines, lustiges Bienchen. Die Fahrerin hinter dem Bienchen auf dem Lenker gehört zum ersten reinen Damen-Team, das die Harburger Radsport-Gemeinschaft für die Vattenfall-Cyclassics angemeldet hat. Und wie nennen sich die fünf strampelnden Damen, die alle Mütter sind? "Flotte Bienen - Harburger RG 100". Unter diesem Namen sind sie in der Meldeliste des größten Volksradrennens Deutschlands eingetragen.

Die fünf Frauen in den gelben Trikots der Harburger RG gehen beim 100- Kilometer-Rennen an den Start. Allerdings nicht gemeinsam. Jede startet in dem Block, in den sie nach ihrer vergangenen Leistung eingeteilt wird. Für die Mannschafts-Wertung werden die Zeiten der vier schnellsten addiert. Eine fährt dann in Reserve, falls jemand eine Panne hat. Sieglinde Wannagat, deren Mann Michael Krüger Vorsitzender der Harburger RG ist, hat das schon durchlitten. "Viermal bin ich die Cyclassics schon mitgefahren", erzählt die 56-Jährige, "und einmal war ich in einen Massensturz verwickelt." Vor ihr war ein Fahrer ausgeschert und dann purzelten mehr als ein Dutzend der Hobby-Rennfahrer übereinander. "Ich bin wieder aufgestiegen und die restlichen 40 Kilometer bis zum Ziel gefahren", erzählt die Sozialarbeiterin, "die Verletzungen habe ich während der Fahrt kaum wahrgenommen. Dafür hatte ich wohl zu viel Adrenalin im Blut. Die Schmerzen habe ich erst zu Hause gespürt." Von Arbeitskollegen und Bekannten bekommt sie gelegentlich zu hören: "Du bist verrückt, bei so etwas mitzumachen".

"Dabei bin ich es, die inzwischen mehr Ängste und Unsicherheiten verspürt, wenn ich mit dem Rad zur Arbeit fahre", kommt die verblüffende Aussage von Sieglinde Wannagat. "In der Stadt, auch auf den Radfahrwegen, herrscht doch häufig Wild-West. Mit dem Rennrad sind wir ja meist in größeren Gruppen unterwegs."

Gerade diese nette Radler-Gemeinschaft, vor allem auch dann, wenn man aus dem Sattel gestiegen ist, bringt Christiane Brohmann so viel Spaß. Die 47-Jährige hat sich vor drei Jahren von ihrem Mann für gemeinsame Radtouristik-Fahrten begeistern lassen. Von ihren ersten 100 Kilometern im vergangenen Jahr bei den Cyclassics ist ihr vor allem der Applaus und der Jubel auf der Mönckebergstraße in Erinnerung. Und als sie plötzlich "Bravo, Mama" hörte. "Ich wusste, das war meine Tochter Sina, obwohl ich sie in dem Trubel gar nicht gesehen hatte."

Bei den Heines hatte der älteste Sohn Tobias den Rennsport-Virus vor Jahren in die Familie gebracht. Der 21-jährige Student fährt allerdings kaum noch Rennen. Bruder Matthias, 17, ist dagegen noch sehr aktiv. Der Vater ist bereits neunmal die Cyclassics mitgefahren, die Mutter feiert jetzt mit den "flotten Bienen" Premiere. "Meine Männer haben mich ja erst allmählich an das Rennrad gewöhnt", erzählt Andrea Heine. "Das Schöne ist, dass mein Mann und ich jetzt an den Wochenenden bei Radtouren und Trainingsfahrten gemeinsam in der Natur unterwegs sind."

Wie bei Andrea Heine sind auch die anderen Frauen von ihren Männern "in den Sattel gehoben" worden. Bis auf Susanne Plambeck. Die war als junges Mädchen selbst ein Radrenntalent, als sie bei der RG Hamburg ihren Mann Frank kennenlernte. Sie war einmal deutsche Vizemeisterin mit dem Straßenvierer, ihr Mann deutscher Meister mit der Vierermannschaft und im Einzel. Susanne Plambeck hatte 1996 in der Frauenwertung sogar die Hamburg Cyclassics gewonnen.