Mark Bundt, Trainer der Fußball-A-Junioren des FC Hansa Lüneburg, macht sich Sorgen um den Nachwuchs. Der 36-Jährige, der aus privaten und beruflichen Gründen ins zweite Glied zurücktritt, schildert Fehlentwicklungen und vertritt die Meinung, dass die Trainer sehr stark als “Erzieher“ gefordert seien.

Lüneburger Rundschau:

Hansas A-Junioren sind Tabellendritter in der Niedersachsenliga geworden. Zufrieden?

Mark Bundt:

Insgesamt betrachtet, ja. Vom Potenzial her wäre aber mehr möglich gewesen. Sogar der Aufstieg in die Regionalliga.

LR:

Warum hat es nicht geklappt?

Bundt:

Aus mehreren Gründen. Wir haben in der Hinrunde gegen alle Spitzenteams verloren und unsere Auswärtsschwäche nicht ablegen können. Die Siegesserie kam zu spät. Außerdem konnten wir den Ausfall von Stürmer Andreas Gottwich (Kreuzbandriss) nicht kompensieren. Auch das dreimonatige Fehlen von Jan Otte war nicht zu verkraften.

LR:

Werden wir von einigen Ihrer Spieler noch hören?

Bundt:

Zwei, drei Akteure haben das Potenzial, höher zu kicken - wenn die Birne mitspielt.

LR:

Was meinen Sie damit?

Bundt:

Talent allen reicht nicht. Man muss auch die Bereitschaft mitbringen, sich etwas sagen zu lassen. Einmal wollte ich einem Spieler was erklären. Der hat mich nur verächtlich angeguckt und geantwortet: "Du, Mark, ich mach das schon seit zehn Jahren so und dabei bleibt es!"

LR:

Welche Gedanken beschleichen Sie bei solchen Aussagen?

Bundt:

Viele Spieler sind heute Individualisten und nicht bereit, sich unterzuordnen. Der Erfolg der Mannschaft steht oft im Hintergrund. Wenn einer nicht von Anfang an spielen darf, mault er. Ich habe erlebt, dass die nicht eingesetzten Spieler während der Partie in die Kabine marschiert sind, als wir unser Wechselkontingent ausgeschöpft hatten. Derartige Reaktionen waren zu meiner Jugendzeit undenkbar. Der Trainer war eine absolute Respektsperson. Zu Hause hätte es Druck gegeben, wenn die Eltern das mitbekommen hätten.

LR:

Und was passiert heute?

Bundt:

Ich spreche das Fehlverhalten an. Manchmal ergreife ich auch disziplinarische Maßnahmen, die angesichts des kleinen Kaders aber schnell verpuffen. Als wir kürzlich arge Personalnot hatten, gab es sogar einen kleinen Erpressungsversuch: Wenn ich keine Freigabe für den anderen Verein bekomme, geh' ich sofort nach Hause, hieß es da.

LR:

Ist alles schlecht?

Bundt:

Nein. Die Mannschaft ist eine Granatentruppe, die das 4-4-2 gut beherrscht und sich auch privat gut versteht. Ich bemängele die Einstellung einiger Spieler, die nur an sich denken und sich nichts sagen lassen. Deshalb begreifen sie mitunter auch taktische Maßnahmen nicht. Ärgerlich ist, wenn eigene Fehler nicht gesehen werden.

LR:

Ist das Verhalten der 18- und 19-jährigen Fußballer ein Spiegel der Gesellschaft?

Bundt:

Ja, diese Entwicklung gibt es nicht nur in unserem Sport. Der Respekt vor Trainern und Mitspielern ist geringer geworden. Viele werden verdorben, weil Vertreter anderer Vereine ständig mit Geldscheinen herumwedeln. Die Jungs treffen sich mit denen ganz ungeniert in der Innenstadt. Deshalb ist es die wichtigste Aufgabe des Trainers, erzieherisch auf die Jungen einzuwirken und ihnen klar zu machen, dass ihr Verhalten nicht in Ordnung ist.

LR:

Ist der Fußballlehrer als Erzieher nicht überholt?

Bundt:

Nein, im Gegenteil. Erst kürzlich hat DFB-Sportdirektor Mattias Sammer im Sportstudio die Wichtigkeit der richtigen Erziehung der jungen Sportler und den Wert der Tugenden, die Deutschland dreimal zum Weltmeister gemacht haben, betont. Viele Nachwuchsspieler schaffen es nicht mehr, ihren inneren Schweinehund zu überwinden. Wenn diese Entwicklung weiter geht, werden wir nie wieder einen Titel holen - allein mit Technik werden wir es nicht schaffen.

LR:

Der deutsche Fußballnachwuchs - ein hoffnungsloser Fall?

Bundt:

Hin und wieder gibt es auch einen Lichtblick. Einer meiner Mittelfeldspieler wollte in einem der letzten Spiele trotz Wadenkrämpfen unbedingt weitermachen und hat noch zehn Minuten mit großen Schmerzen durchgehalten. Das war für mich das absolute Saison-Highlight.