Der Wohnmobilstellplatz in Lüneburg ist an den Adventswochenenden regelmäßig ausgebucht. Da stören auch die Minusgrade nicht.

Lüneburg. Willi Dicks erster Weg führt ihn an diesem Morgen unter sein Wohnmobil. Nichts geht mehr in der Abflussleitung - zugefroren. Also liegt der Rentner bei minus fünf Grad auf einem blauen Müllsack auf schneebedeckten Steinplatten und hält einen Fön in die Luft. Bestens gelaunt ist er an diesem Wintermorgen trotzdem. Und ist damit bei Weitem nicht allein. Im Dezember ist der Lüneburger Wohnmobilstellplatz an jedem Wochenende ausgebucht.

"Warm anziehen und Vorkehrungen treffen" sei das Wichtigste am Wintercampen, sagt Willi Dick und entschuldigt sich, während des Gesprächs mit dem neugierigen Besuch weiter den Unterboden seines Wohnmobils zu fönen. Doch die Vorkehrungen haben in dieser eiskalten Nacht anscheinend nicht gereicht. Im Waschbecken steht das Wasser, nun hilft nur nachträgliches Frostschutzmittel - und Wärme.

Willi, 64, und seine Frau Renate, 67, aus Mölln haben in dieser Nacht auf den Sülzwiesen in Lüneburg übernachtet. Fünf Minuten zu Fuß sind es von dort in die Fußgängerzone, zwei mehr zum Weihnachtsmarkt. Am nächsten Morgen wollen sie weiter nach Celle, zum winterlichen Wohnmobilisten-Treffen. "Wir fahren mit insgesamt sieben Fahrzeugen dorthin, alles Freunde vom Wohnmobil-Stammtisch aus Norddeutschland", erzählt der liegende Camper - und grüßt seinen Nachbarn von gegenüber, der gerade von der Entsorgung seiner Bordtoilette wiederkommt und mit fragendem Blick nach unten guckt.

"Eingefroren", sagt Willi nur - die kurze Reaktion: "Kenn' ich." Sie kommt von Roland Vetter, Wohnmobilist seit 17 Jahren. Von Anfang an sind Roland und seine Ruth auch im Winter mit ihrem rollenden Zuhause im Kleinformat auf Tour gegangen. Ruth hat ein Adventsgesteck für den Tisch und Weihnachtsmänner, Engel und Schneemänner für das Fenster gebastelt. "Wir machen es uns hier richtig gemütlich", sagt die Frau mit den fröhlichen krausen Locken. "Das ist so wunderbar, durch die verschneite Landschaft zu fahren - und dann von Weihnachtsmarkt zu Weihnachtsmarkt."

Obwohl sie eins auch zugeben muss: Als Roland und sie vor ein paar Tagen zu Hause in Pohnsdorf bei Lübeck losfahren wollten, da hatte Ruth ein wenig Angst. 20 Zentimeter Schnee lagen vor und auf dem Wagen, zwei Stunden musste ihr Mann schippen, um das Gefährt freizubekommen. Da hat selbst Ruth einen Moment gezweifelt, ob die geplante Tour denn auch bei Nebel und Schnee wirklich sein muss. Doch als sie dann zwischen den beleuchteten Buden vorm Lüneburger Rathaus stand, da wusste sie: Alles richtig gemacht. "Der Weihnachtsmarkt ist wirklich wunderschön."

So wie die Vetters denken viele. Um die 25 Wohnmobile haben in den vergangenen Tagen auf dem Platz gestanden, und am Wochenende werden es vermutlich doppelt so viele werden. "An den Adventswochenenden ist der Platz bis oben hin voll, da kommen wir kaum hin", sagt Stefan Jahnke, Betriebsleiter bei der Bewirtschaftungsgesellschaft Lüneparken.

Vergangenes Jahr erst ist die Zone um zwölf auf 53 Stellplätze erweitert worden, doch der Bedarf ist trotzdem weit höher. Zwischen April und Dezember sei die Fläche regelmäßig hoch frequentiert. "Der Platz reicht absolut nicht aus", so Jahnke, "doch noch größer können wir auf den Sülzwiesen wegen der anderen Veranstaltungen nicht werden. Ich vermute, wir würden aufgrund dessen keine Baugenehmigung bekommen."

Die Lüneparken werde daher nächstes Jahr voraussichtlich in Adendorf einen zweiten Wohnmobilstellplatz eröffnen. In Lüneburg hält Jahnke das für "kaum machbar". Kein Platz.

Ruth Vetter kocht noch einen Kaffee für unterwegs, dann rollen Roland und sie weiter - nach Celle, wohin sonst. Auch ihre direkten Nachbarn steuern die Residenzstadt südlich von Lüneburg an. Gerade erst aus der Wärme Südfrankreichs zurückgekehrt, müssen Erika Lindemann, 70, und Rainer Gotthardt, 66, jetzt jeden Abend passgenau zugeschnittene Thermomatten auf die Fensterscheiben legen. "Sonst beschlägt es von innen", sagt die erfahrene Wintercamperin. Der Doppelboden des Fahrzeugs ist beheizt, der Abwassertank ebenfalls - das Rentnerpaar hat gut vorgesorgt. Sie haben zwar schon marokkanische Hitze im Wohnmobil erlebt, aber auch einen Skiurlaub in Sölden. Ja, Sölden besitzt einen Campingplatz.

Pech hat an diesem Morgen aber nicht nur Willi Dick, sondern auch der Nachbar ein paar Wagen weiter. Zwei Euro hatte er in den Strom-Automaten gesteckt - doch die zwei Euro reichten nicht für eine ganze Nacht. "Und wenn ich kein Strom habe, habe ich ein Problem", sagt der Mann aus Ascheberg bei Plön, der in der Geschichte über Wintercamper lieber nicht namentlich erwähnt werden möchte. Nicht, weil er seinen Namen nicht in einer Zeitung lesen will, sondern weil es ihm peinlich wäre, als Wintercamper bezeichnet zu werden - denn das wäre hochgestapelt, meint der freundlich Mann mit grauem Bart. "Ich bin kein echter Wintercamper", sagt er, nur den Resturlaub aus dem Jahr verplempere er mit seiner Frau, fährt eine Woche lang die Weihnachtsmärkte der Region ab.

Und kämpft mit Unbill wie gekapptem Strom und leeren Gasflaschen. Ansonsten hat er nur einen Tipp für das Reisen der unkonventionellen Art: "Warm anziehen." Das würde Willi wohl am liebsten mit seiner Abflussleitung auch tun - einfach eine Wollstulpe herumstricken. Aber vorher muss er das Rohr erst mal warm fönen - damit aus Eis wieder Wasser wird.