An der Ilmenau leuchten in der Adventszeit die Kerzen am Siebenstern

Bad Bevensen. An den Adventssonntagen hat Bad Bevensen ein ganz besonderes Brauchtum zu bieten: Die "Siebensterngottesdienste" verwandeln die evangelische Dreikönigskirche in ein Meer aus warmem Licht. Und das seit 1842 jedes Jahr im Dezember. Damals löste ein unpopulärer Sparbeschluss das erste Kerzenspektakel im Gotteshaus aus.

Pastor Herbst hatte in jenem Jahr einen zusätzlichen Gottesdienst am ersten Weihnachtsfeiertag früh morgens um sechs Uhr eingeführt. Der Gottesdienst zur "unchristlichen Zeit" sei beim Landeskirchenamt nicht gut angekommen, der Termin habe zu sehr an katholisches Brauchtum erinnert, berichtet Gerd Logemann, 74, der von 1968 bis 2001 als Diakon in der Gemeinde gearbeitet hat und viel über den Siebenstern weiß.

So strich die Landeskirche kurzerhand den Zuschuss für Beleuchtung und Heizung in der Kirche für diesen Gottesdienst. Daraufhin brachten die Gottesdienstbesucher ihre eigenen Kerzenleuchter mit in die Kirche - schon damals hatte fast jede Bevenser Familie einen speziellen hölzernen Leuchter mit drei gedrechselten Querträgern und sieben Kerzen im Haushalt, der in der Adventszeit warmes Licht in die Häuser brachte. "Die Tradition entstand aus einer Not heraus", erklärt Logemann.

Doch der Siebenstern ist viel älter als der Siebensterngottesdienst - wo dieser spezielle Bevenser Weihnachtsschmuck aber seinen Ursprung hat, darüber streiten sich die Fachleute. Zum einen gebe es die Theorie, der Siebenstern sei von Leuchtern mit ebenfalls sieben Kerzen aus dem Erzgebirge inspiriert. Doch der langjährige Diakon Gerd Logemann hat noch eine andere Erklärung.

Demnach hätten reisende Handwerksburschen das Baumuster aus Skandinavien mitgebracht, wo es ähnliche Leuchter, die Lichterpyramiden, gebe. Weshalb der Siebensternbrauch aber relativ streng geografisch auf Bad Bevensen beschränkt blieb, lässt sich dadurch auch nicht erklären. So aber hat der Kurort bis heute ein Alleinstellungsmerkmal zu bieten, um das man von manch anderer Gemeinde beneidet wird.

Wer aus Bad Bevensen wegzieht, nimmt den heimatlichen Siebenstern mit in die Fremde. Umgekehrt erwirbt, wer hierher zieht, bald einen der Leuchter mit den sieben Kerzen, die aus verschiedenen Holzarten wie Eiche oder Esche gefertigt sind, in zwei Größen vorkommen und neu etwa zwischen 70 und 120 Euro kosten. Siebensterne besaßen auch prominente Politiker wie der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer, der seinen bei einem Besuch in Bevensen 1963 geschenkt bekam, oder der ehemalige Bundespräsident Karl Carstens, dem 1981 bei einem Empfang in Bonn ein Siebenstern überreicht wurde.

"Bevenser, die auf sich halten, haben mindestens zwei Siebensterne, sie werden von Generation zu Generation weitervererbt, mancher hat seinen selbst hergestellt", verrät Logemann. Und guter Brauch ist es seit nunmehr 169 Jahren, die Leuchter am ersten Weihnachtstag mit in die Kirche zu bringen. Dort werden sie auf speziell zugeschnittenen Holzbrettern platziert, die von Bank zu Bank in der ganzen Kirche befestigt sind. Früher wies noch ein Siebenstern mit brennenden Kerzen am Fenster eines Hauses am Eingang zum Kirchplatz den Weg zum Gotteshaus. Inzwischen erinnert auch die Weihnachtsbeleuchtung in den Geschäften und über den Straßen der Stadt während der Adventszeit an den traditionsreichen Siebenstern.

Seit knapp 40 Jahren ist das kirchliche Siebensternbrauchtum nicht allein auf den morgendlichen Weihnachtsgottesdienst beschränkt. Um mehr Menschen anzusprechen, wurden 1972 die Adventsgottesdienste mit Siebensternen eingeführt, die bis heute an jedem Adventssonntag stattfinden. Da können dann schon mal bis zu 800 Besucher mit 150 Siebensternen die Kirche füllen, wie Pastor Hermann-Georg Meyer, 52, berichtet, der seit 1996 hier tätig ist. Es gebe viel Rückhalt in der Gemeinde für diese Tradition, sagt er. Derzeit sammelt die Kirchengemeinde Geschichten rund um die Siebensterntradition, die veröffentlicht werden sollen.

An allen Adventssonntagen beginnt jeweils um 17 Uhr der Siebensterngottesdienst in der Bad Bevenser Dreikönigskirche. Die Gottesdienste werden von verschiedenen Gruppen musikalisch begleitet, vom Posaunenchor beim ökumenischen Gottesdienst am 27. November und vom Kirchenchor am 4. Dezember. Das Blockflötenensemble musiziert am 11. Dezember, und der Motettenchor ist am 18. Dezember zu hören. Der letzte Siebensterngottesdienst des Jahres beginnt dann am 25. Dezember, dem ersten Weihnachtsfeiertag, um 6 Uhr morgens. Der Kinderchor lässt dazu die einzigartigen Bad Bevenser Siebensternlieder erklingen. Und traditionell tragen zwei Konfirmanden - möglichst auswendig - von der Orgelempore aus die Weihnachtsgeschichte vor.

Zu diesem Gottesdienst zu "unchristlicher Zeit" kommen heutzutage etwa 150 Besucher, darunter viele alte Bevenser, die sich mit Angehörigen oder Freunden zum gemeinsamen Gottesdienstbesuch mit anschließendem Frühstück verabreden. "Sogar bei Glatteis kommen die Menschen dann frühmorgens aus dem ganzen Landkreis her", sagt Hermann-Georg Meyer.

www.kirche-uelzen.de