Ein neuer Verein bietet einen Hundebesuchsdienst für Demenzkranke an. Dabei gehe es nicht um Therapie, sondern um das Wohlbefinden.

Vögelsen. Rick ist ein Jahr alt und liebt Menschen. Jedem legt er seinen Kopf in den Schoß und lässt sich kraulen. "Das macht er immer so", sagt seine Besitzerin Christin Peschk, "auf dem Hundeplatz begrüßt er zuerst die Menschen, dann die Hunde." Diese Vorliebe für Zweibeiner soll jetzt seine Aufgabe werden. Ricks Frauchen ist in den Verein Hundebesuch eingetreten. Der Belgische Schäferhund soll ausgebildet werden und bald Demenzkranken mit seinem Besuch eine Freude machen.

"Beim Besuchshundedienst geht es nicht um die Therapie, sondern um das Wohlbefinden des Kunden. Und darum den Angehörigen zu entlasten", sagt Diplom-Biologin Uta Kielau. Die 45-Jährige wird die Hunde für den im März gegründeten Verein ausbilden. Neun Teilnehmer haben sich und ihre Vierbeiner für die erste Schulung angemeldet, zehn Plätze gibt es. Die Hunde müssen keine bestimmte Rasse haben. "Vom Chihuahua über Cocker Spaniel bis zum Schäferhund ist alles vertreten. Wichtig ist nur, dass die Hunde vom Wesen her gelassen sind", sagt Uta Kielau. Außerdem sollten die Hunde leinenführig und gut kontrollierbar sein.

An drei Wochenenden wird Uta Kielau auch die Menschen trainieren. "Sie müssen erkennen, ob sich der Hund wohlfühlt und wann er eine Pause benötigt." Am ersten Wochenende werde jedoch zunächst ein Eignungstest gemacht. Alltagssituationen werden nachgestellt, aber auch das Verhalten in einer Gruppe getestet. "Wir schauen, ob der Hund auf Fremde zugeht", sagt Uta Kielau, "wichtig sind aber auch die Reaktionen des Tieres wenn beispielsweise eine Krücke umfällt oder ihn jemand ungeschickt anfasst." Zeige der Hund Stresssignale oder versuche auf Distanz zu gehen, würde Kielau ihn nicht als Besuchshund empfehlen. "Es geht auch um das Wohl des Hundes", sagt sie.

Ein Besuch bei einem Demenzkranken kann je nach Hund und Kunden ganz unterschiedlich verlaufen. "Es kommt darauf an, was der Kunde will", sagt Hundetrainerin Uta Kielau. Bei einem Vorbesuch würden Wünsche und Vorstellungen des Kunden und seiner Angehörigen besprochen. Petra Reinhardt leitet das Seniorenzentrum in Vögelsen und hat ihre Hunde für de Kontakt mit Demenzkranken ausgebildet. "Man kann nicht jeden Hund überall hinschicken", sagt sie. Erzähle ein Kunde im Vorgespräch über den Dackel aus seiner Kindheit, werde nur ein kleiner Hund dorthin geschickt. "Sonst werden Erwartungen enttäuscht", sagt Petra Reinhardt. Beim Besuch könnten Hund und Mensch die unterschiedlichsten Sachen machen: Gassi gehen, den Hund kleine Tricks zeigen lassen, ihn streicheln oder sein Fell pflegen.

Im Seniorenhaus Vögelsen kommen die Demenzkranken schon seit einem Jahr in Kontakt mit Hunden und Pferden. Petra Reinhardt hat beobachtet, dass sich die Dementen leichter an Tiere als an Menschen erinnern: "Erinnerungen sind mit Gefühlen verbunden. Bei Tieren werden diese Gefühle intensiver, oft wird der Kontakt mit ihnen mit der Kindheit verknüpft." Hunde brächten Abwechslung in den Alltag, durch einen Vierbeiner ließen Demenzkranke auch Fremde an sich heran. "Viele Erkrankte haben Angst vor Menschen, sie haben schlechte Erfahrungen gemacht und immer nur gesehen, was sie nicht können", sagt Petra Reinhardt. Hunde dagegen hätten keine Ansprüche an den Menschen. "Sie nehmen einen so, wie man ist", sagt sie.

Von den Hunden erwartet Trainerin Uta Kielau nicht viel. "Wir wollen und können den Hund nicht verbiegen. Wir schauen, was er anbietet", sagt sie. Rick bietet viel an. "Er lässt sich gern von Fremden anfassen, ist jung und lernwillig", sagt Kielau. Kleine Tricks wie Pfötchen geben oder sich tot stellen kann er bereits. In der Ausbildung soll er noch lernen am Gehwagen oder Rollstuhl zu gehen.

Christin Peschk will nicht nur, dass Rick eine Aufgabe erhält. "Ich will den Menschen die Tiere näher bringen und ihnen eine bessere Stellung in der Gesellschaft ermöglichen", sagt sie. Die Hundeliebhaberin findet eine Tier-Therapie besser als hochdosierte Medikamente. "Tiere haben keine Nebenwirkungen", sagt 22-Jährige.

Etwa zehn Euro wird ein Hundebesuch kosten. Sieben bis acht Euro gehen als Aufwandsentschädigung an den Halter. Der Rest geht an den Verein. "Es gibt bereits Anfragen", sagt Petra Reinhardt. Pflegende, die sich für ein solches Angebot entscheiden, können einen Zuschuss von der Pflegekasse erhalten.

"Mit dieser Leistung werden insbesondere für die Pflegeperson zusätzliche Möglichkeiten zur Entlastung geschaffen", sagt Claudia Widmaier vom Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV). Für Versicherte mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz würden so aktivierende Betreuungsangebote zur Verfügung gestellt. "Voraussetzung ist eine entsprechende Beurteilung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen", sagt Claudia Widmaier. Bis zu 100 oder bis zu 200 Euro übernimmt die Pflegeversicherung monatlich für zusätzliche Betreuungsleistungen.

Bis Rick die ersten Menschen besucht, dauert es noch. In einer Woche beginnt seine Ausbildung. Im März wird er einen Abschluss-Test machen. Besteht der einjährige Rüde den, kann er im Frühsommer die ersten Demenzkranken zuhause besuchen.

www.hundebesuch.com