Stadt und Landkreis Lüneburg haben sich gut eingedeckt, trotzdem gibt es Engpässe. Entspannung ist nicht in Sicht.

Lüneburg. Ein Tiefdruckgebiet über dem Norden brachte zum Jahreswechsel Tauwetter - doch demnächst wird es wieder kälter, sagen die Meteorologen. Neuschnee und überfrierende Nässe können im Lauf der Woche die Straßen erneut in Eisflächen verwandeln. Und die große Frage lautet: Sind die Kommunen gerüstet?

Den bisherigen Winterdienst der Städte und Gemeinden empfinden viele Verkehrsteilnehmer in diesem strengen Winter nicht als ausreichend. Sie beanstanden mangelhaft geräumte Straßen und Wege. Wer in den vergangenen Tage auf den Straßen anderer Bundesländer unterwegs war, beklagt nicht selten, dass speziell in Niedersachsen die Straßen in schlechtem Zustand sind.

"Wasser in verschiedenen Aggregatzuständen ist schwer zu beherrschen. Bei gewissen Witterungsverhältnissen nützt auch Salz auf der Straße nichts mehr - das gilt beispielsweise bei Eisregen", sagt dagegen Matthias Schmitting vom ADAC Hansa e.V. in Hamburg. Sofern Salz in den Lagern der kommunalen Betriebshöfe überhaupt noch verfügbar ist: 600 bis 700 Tonnen Salz pro Jahr braucht die Abwasser, Grün und Lüneburger Service GmbH (AGL) durchschnittlich in einem Winter, um die Straßen des Stadtgebiets zu streuen. 1200 Tonnen Salz plus 25 000 Liter Sole hat die AGL laut Mitteilung der Stadt vorsorglich für diesen Winter eingekauft.

Nahezu unbegrenzt Vorräte einlagern kann man bei Streumitteln aber nicht. "Salz wird bei längeren Lagerzeiten steinhart. Es zieht Wasser und klumpt - dann kann man es nicht mehr auf der Straße ausbringen", sagt Daniel Steinmeier vom Pressereferat der Stadt. Und unbegrenzt nachkaufen kann Lüneburg das begehrte Streugut inzwischen auch nicht mehr. "Der Salzmarkt ist wie leergefegt, auch bestellte Ware wird teilweise nicht geliefert", sagt Thorsten Bullerdiek vom niedersächsischen Städte- und Gemeindebund (NStG) in Hannover.

Zudem erhöhen die Hersteller von Streumitteln aufgrund der enormen Nachfrage ihre Preise - mit Streusalz wird gezockt, sagt der NStG. Während eine Tonne Streusalz sonst 60 bis 70 Euro am Markt kostet, werden jetzt Preise bis zu 300 Euro verlangt. "Angebote für 220 Euro pro Tonne Salz haben wir auch schon bekommen, aber solche Angebote haben wir abgelehnt", sagt Katrin Peters, Sprecherin beim Landkreis Lüneburg. Der normale Anbieter kann den Landkreis derzeit wegen Engpässen nicht beliefern, aber auf die Spitzenpreise am Markt steigt der Landkreis nicht ein. Peters: "Bisher war es uns möglich, bei Preisen deutlich unter 100 Euro pro Tonne zu bleiben."

Den Vorwurf, die Notlage der Kommunen auszunutzen, weist unterdessen die Firma K+S in Kassel zurück. Ihr Tochterunternehmen esco betreibt drei Steinsalzbergwerke und drei Solebetriebe europaweit und ist damit der größte Salzanbieter weltweit. Preise und Mengen für die Salzlieferungen an die Kommunen seien bereits im Herbst 2010 vertraglich festgelegt worden.

"Wenn über die vereinbarten Mengen hinaus noch mehr Streusalz benötigt wird, dann wird über die Preise neu verhandelt. Dabei müssen die Kommunen wohl mit einem Aufschlag rechnen", sagte Pressesprecher Uwe Wudonig der Deutschen Presseagentur. Den Vorwurf, die Kommunen abzuzocken, weist die Firma zurück. "Wir wollen schließlich bei den Ausschreibungen für den kommenden Winter wieder zum Zug kommen", sagte Wudonig.

Teuer wird der Extremwinter 2010/2011 auf jeden Fall. Die durchschnittlichen Kosten für einen Winterdienst kalkuliert die AGL Lüneburg mit etwa 220 000 Euro pro Kalenderjahr - das wird diesmal voraussichtlich nicht reichen. "Das Geld für die zusätzlichen Kosten beim Winterdienst werden die Städte und Gemeinden nicht aus den Straßenreinigungsgebühren finanzieren können, sondern dem allgemeinen Haushalt entnehmen müssen. Dort haben viele Kommunen aber schon Rekorddefizite", sagt Thorsten Bullerdiek vom NStG. Vor diesem Hintergrund werden die Autofahrer ihre Ansprüche beim Winterdienst voraussichtlich in Zukunft senken müssen, meint der NStG. Es werden nicht mehr alle Straßen geräumt werden können. In anderen Ländern sei man bereits an Fahrten auf festen Schneedecken gewöhnt.

"Den Autofahrern raten wir, bei ihren Touren mehr Zeit einzuplanen. Hilfreich ist es auch, das Verhalten auf glatten Straßen beispielsweise mit einem Fahrtraining zu üben. Auch wenn dies der zweite harte Winter ist: Vielen fehlt es noch an Erfahrung auf den winterlichen Straßen", sagt Schmitting.