Schüler der Berufsschule diskutieren mit Politikern über Gorleben, Atommüll und zukunftsorientierte Energiepolitik

Lüneburg. Benedict Moryn wirft noch mal einen Blick auf zwei kleine blaue Karteikarten und nimmt gelassen seinen Platz auf dem Podium ein. Vor sich ein Schild, auf dem steht, dass er Diskussionsleiter ist, schaut er in die Gesichter von etwa 150 Berufsschülern der Georg-Sonnin-Schule. Gemeinsam mit Politikern wollen die jungen Frauen und Männer über das geplante Atommüllendlager in Gorleben, die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke und alternative Energien diskutieren.

Neben Benedict Moryn haben Hans-Christian Lange (Grüne), Andrea Schröder-Ehlers (SPD), Eckhard Pols (CDU) und Leonhard Hyfing (FDP) Platz genommen. Schon die Antworten auf die Eingangsfrage, wie es denn nun weitergehen solle mit dem Atommülllager Gorleben, machen die verschiedenen Positionen der Parteien deutlich.

Eckard Pols, der für die CDU im Bundestag sitzt, sagt, die Regierung setze nur um, was sie vor den Wahlen versprochen habe. "Wir haben uns immer für die Erkundung in Gorleben ausgesprochen und das machen wir nun." Andrea Schröder-Ehlers, die ihre Partei im niedersächsischen Landtag vertritt, fordert dagegen einen Erkundungsstopp des Salzstocks und führt als Begründung unter anderem den amerikanischen Präsidenten Obama an. "Die Regierung der Vereinigten Staaten hat nach langer Forschung nun entschieden, dass Salzstöcke nicht geeignet sind für die Lagerung von Atommüll. Das kann doch hier nicht anders sein."

Die Diskussionsteilnehmer auf dem Podium erläutern routiniert ihre Standpunkte, immer wieder mit Seitenhieben auf die politischen Gegner. Im Publikum wird gemurmelt, Moderator Benedict Moryn bittet die Diskutanten sich trotz des komplexen Themas kurz zu fassen.

Als Hans-Christian Lange aus Lüchow-Dannenberg, der für die erkrankte Miriam Staudte einsprang, sich mit Eckhard Pols ein kleines Wortgefecht darüber liefert, inwieweit die Politik auf die wissenschaftlichen Suche nach einem sicheren Endlager für den radioaktiven Müll möglicherweise Einfluss genommen hat, applaudiert das Publikum. Applaus gibt es auch für den Vertreter der Liberalen, den 24-jährigen Leonard Hyfing, der sagt, entgegen der Parteimeinung sei er überzeugt, die Regierung hätte die Energiekonzerne im Gegenzug für die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke finanziell stärker an der Erkundung von Atommüllendlagerstandorten beteiligen müssen.

Aus dem Publikum kommen immer mehr Fragen. Ob eine weitere Verlängerung der Laufzeiten für Kernkraftwerke geplant ist, warum sich das Bundesumweltministerium bei der Suche nach einem Endlager von einem Atomlobbyist beraten lasse und wie es sein kann, dass sich die Politiker in süddeutschen Bundesländern wie Bayern und Baden-Württemberg so sträuben, dort nach geeigneten Endlagerstätten zu suchen.

Am Ende der zwei Schulstunden sind viele Fragen noch offen. Ingmar Holstein, der die zwölfte Klasse besucht ist unzufrieden. "Dass die Politiker immer so auf Zahlen rumreiten, regt mich auf. Außerdem haben die in ihren Antworten zum Teil gar keinen Bezug auf die Fragen genommen, sondern nur auf das, was der politische Gegner vorher gesagt hat." Ähnlich sehen das auch Sarah Schörner und Damaris Herbst. "Das Thema interessiert uns, es hat ja etwas mit unserer Region zu tun. Aber es war schwierig, den Politikern bei ihrer Argumentation immer zu folgen, außerdem hätten sie uns ruhig mehr einbeziehen können", sagen die jungen Frauen, die das Fachgymnasium besuchen, enttäuscht.

Organisiert hat die Veranstaltung die Arbeitsgemeinschaft Politik, deren Mitglieder sich einmal wöchentlich nach dem Unterricht mit dem Lehrer Klaus Brühning treffen, um das aktuelle politische Geschehen zu diskutieren. Eines der Mitglieder ist Florian Günzel. Der 18-Jährige aus Westergellersen hält nichts von der These, Jugendliche seien von vornherein uninteressiert an Politik. "Ich denke, auch junge Leute müssen sich informieren und mitreden, denn letztlich werden wir die Konsequenzen der politischen Entscheidungen von heute tragen."