Mein Wirt: Wir stellen Gastronomen vor, die Einkauf, Küche, Service selber machen. Heute: Mike Dislakis und sein Restaurant “Frappé“.

Lüneburg. Mit einem Griechen einen Termin vereinbaren? "Vergessen Sie's!" Spricht der Grieche und lacht. Termine funktionieren mit Griechen am besten ungeplant. Mit "Sonne im Herzen und heißem Blut" sitzt Mike Dislakis bei ein, zwei, drei Zigaretten, fünf Grad und Nieselregen unter der Markise vor seinem Restaurant an der Schröderstraße, grüßt jeden dritten Passanten - und springt drinnen ein, wenn das Servicepersonal die Arbeit nicht alleine schafft.

Mike Dislakis ist Grieche in Deutschland in zweiter Generation, seine Eltern kamen 1964 ins Land. Sie machten in Bremen ein Restaurant auf, mitten in einer Fußgängerzone. Das bedeutete damals ähnlich harte Arbeitszeiten wie jetzt im Bistro-Café-Restaurant "Frappé" ihres Sohnes in Lüneburg: Laufkundschaft von morgens bis spätabends.

Fast 15 Jahre Knochenarbeit später kam das Angebot aus Lüneburg, ein ehemaliges Tanzlokal zu übernehmen - das Ehepaar Dislakis sagte zu. Die Beiden eröffneten 1978 ein griechisches Restaurant Am Kreideberg, direkt am See. Da war ihr Sohn Mike elf Jahre alt. "Ich wuchs darin auf", sagt der heute 45-Jährige. Den Beruf, den er heute ausübt, hat der Gastronom auf keiner Schule, keiner Universität gelernt - sondern in der Praxis. "Direkt an der Quelle", sagt er.

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30 Jahre führte die Familie das Gasthaus, und der Sohn arbeitete erst an den Wochenenden und in den Ferien bei den Eltern mit, "dann wurde es immer mehr, es war ein fließender Übergang". Mike Dislakis übernahm stetig mehr Verantwortung - bis ihn die Eltern vor die Wahl stellten: Studium oder Geschäftsübernahme.

Sie selbst wollten zurück in die Heimat, und als Mike sich entschied, das Restaurant zu übernehmen, blieben sie noch eine Weile zu seiner Unterstützung in Deutschland. Die Speisekarte der Eltern warf der Sohn radikal um. "Ich möchte authentische traditionelle griechische Küche präsentieren, nicht diesen Klischee-Griechen: Gyros mit Spezialsoße eins und Gyros mit Spezialsoße zwei", sagt er und hätte beinahe noch angefügt: "oder Spezialsoße drei".

Mike Dislakis kontaktierte kleine Winzer in Griechenland, bestellte hochwertige, aber unbekannte Weine. Gewagte Schritte, die der Gastronom da tat: Nach Umstellung der Karte blieben erst einmal sämtliche Stammkunden der Eltern weg. Zwei Jahre hat es gedauert, bis Mike Dislakis seinen neuen Gästepulk um sich geschart hatte.

Nach 30 Jahren am Kreidebergsee standen dann aufwendige Sanierungsarbeiten in dem Haus an, und die wollte der Geschäftsmann nicht auf sich nehmen, ohne dass ihm das Objekt selbst gehört. Der Eigentümer aber vertröstete den Pächter immer wieder - und nach einem Angebot für ein freiwerdendes ehemaliges Strumpfgeschäft mitten in der Fußgängerzone stand seine Entscheidung schnell fest: Umzug.

Im Juni 2006 machte Mike seinen neuen Laden an der Schröderstraße auf. Und bietet dort nicht nur griechisches Essen und griechische Weine an, sondern auch das Kultgetränk seiner Heimat: Frappé - Eiskaffee. Danach hat er schließlich sein Lokal benannt.

Wenn Mike Dislakis überlegen soll, ob er sich als Grieche oder Lüneburger fühlt, sagt er: "Griechenland und Deutschland bedeuten für mich zwei Stunden und 20 Minuten Flug. Andere brauchen länger zur Arbeit, als ich nach Griechenland fliege." Etwas vermissen müsse er also nicht.

Einmal im Jahr kommen seine Eltern aus der einen Heimat in die andere, den Sohn besuchen. Der lebt seinen Traum, mit seinem Angebot das griechische Klischee zu verlassen. Jeden Tag steht er in der Küche seines Restaurants. Möchte eine angemeldete Gruppe gern Fisch essen, fährt er nachts um 2 Uhr nach Hamburg und holt Fisch vom Fischmarkt.

Und wenn er nicht im eigenen Restaurant isst, geht er essen. "Ich liebe und zelebriere das - mit einer guten Flasche Wein und netter Gesellschaft", sagt Mike Dislakis. "Gleichzeitig hole ich mir dabei Anregungen." Er selbst bestellt niemals à la carte, fragt stattdessen den Koch, was der ihm denn Schönes kochen könnte.

Für seine Freundin - Kinder hat er nicht - hat der Gastwirt "mal mehr, mal weniger" Zeit. "Das hängt immer von der personellen Situation ab."

Lüneburg, die Wahlheimat seiner Eltern auf Zeit, nennt Mike Dislakis "fast eine Traumstadt". Mit einer damaligen Freundin hat er eine Weile in Hamburg gelebt und ist zur Arbeit nach Lüneburg gependelt. "Da habe ich gemerkt, was mir fehlt", erinnert er sich. "Ich habe Lüneburg so sehr vermisst. Hier ist alles erreichbar, die Stadt bietet alles und ist kinderfreundlich - die ideale Stadt zum Leben."