Nach fast zwanzig Jahren kehrt der Intendant dem Theater Lüneburg den Rücken - doch er will weiter aktiv bleiben

Lüneburg. Jan Aust hatte keine Wahl, das Theater hatte ihn von Anfang an fest im Griff. Die Neigung zu den Brettern, die die Welt bedeuten, liegt ja auch in der Familie: Bis tief in das 19. Jahrhundert hinein kann der scheidende Lüneburger Intendant die beruflichen Aktivitäten seiner Ahnen auf der Bühne zurückverfolgen. "Deshalb gab es für mich auch nie etwas anderes. Ich wollte zum Theater - und ich wusste, was da auf mich zukommt", sagt Aust.

Beinahe zwanzig Jahre hat er in Lüneburg gewirkt - 1991 gab es die erste Spielzeit unter seiner Leitung. Als Schauspieler, Autor von Kinderstücken, als Regisseur und Intendant hat er vielen Produktionen zur Seite gestanden. "Es waren reiche Jahre, die ich nicht missen möchte. Ich würde es wieder so machen", sagt Aust.

Die Klassiker waren es, die ihm am Herzen lagen. Von Goethe über Kleist bis Lessing und Büchner: "Wir haben die Stücke so gezeigt, dass man sie auch verstehen konnte", sagt der Intendant. Aber auch Musical, Ballett und große Musikabende prägten seine Amtszeit. "Man muss für jeden Geschmack etwas bieten, das ankommt. Unser Theater ist eine Bühne für die Stadt und die Region, da muss ich eine breite Palette zeigen. Spezialitätentheater wie in Hamburg kann ich nicht machen", sagt Aust.

Dabei war die Nähe zur Metropole für ihn immer ein Ansporn, Neues auszuprobieren - schließlich hat Aust unter Ida Ehre in den Hamburger Kammerspielen als deren Chefdramaturg jahrelang gearbeitet. "Ich hatte gute Leute hier im Haus - vor und hinter der Bühne", sagt er.

Nur lobend äußerst er sich auch mit Blick auf das Publikum und die Lüneburger Politik: "Das Publikum hat uns getragen, die Auslastung war immer gut - und die Politik hat uns geschätzt. Wir hatten die Rückendeckung, die wir für unsere Arbeit brauchten", sagt Aust.

Dass die Finanzen immer knapper werden und das Geld in Zukunft auf Dauer nicht mehr reichen wird, um alle drei Bühnen des Hauses zu betreiben, wirft allerdings bange Fragen auf. "Für die finanziellen Verhältnisse, in denen wir in diesen Tagen leben, ist es schon viel, was aus öffentlichen Kassen zu uns fließt. Mich hat die Arbeit hier sehr befriedigt. Ich hoffe, dass man der Kultur in Lüneburg weiter ihren Raum lässt. Ohne Theater würde der Stadt ungeheuer viel fehlen", sagt Aust.

Besonders glücklich ist er darüber, dass die Junge Bühne, die in Zukunft unter dem Neuen Intendanten Hajo Fouquet T3 heißen wird, unter seine Ägide errichtet werden konnte. "13 000 Besucher schon im ersten Jahr, das ist enorm. Aber in diesem Bereich brauchen wir definitiv mehr Geld. Wir hoffen natürlich auch auf Sponsoren. Geld kam schon von der Hebrock-Stiftung und der Sparkasse, ich hoffe, dass der Trend sich verstärkt", sagt Aust.

Er selbst bleibt dem Theater verbunden, auch wenn er seinen Sessel in Lüneburg jetzt für den Nachfolger räumt. In seinem Haus in Barnstedt wird er weiterhin leben, und auch Theater will er weiter machen. Aust: "Als nächstes steht eine Tournee durch die ganze Bundesrepublik an. Wir zeigen "Gin Romee" mit Ellen Schwiers in der Hauptrolle. Aber man muss ehrlich mit sich selber sein: Wenn ich das Gefühl habe, ich baue ab, dann höre ich auf."

Sorgen um die nächste Generation im Hause Aust muss er sich nicht machen: Sowohl die Tochter als auch die beiden Söhne haben beruflich mit Theater und Medien zu tun - das kreative Element des Vaters prägt auch die nächste Generation.

Und was rät der erfahrene Mann nach 49 Jahren auf und hinter der Bühne den jungen Leuten, die ins Theaterfach streben? "Man muss bereit sein, diesen Beruf voll und ganz zu leben. Freizeit und Familie, das alles tritt dahinter zurück. Leidenschaft und Kraft braucht man für ein Theaterleben. Wer es dann auf sich nimmt, hat selber Schuld", sagt Aust augenzwinkernd.

Am Montag, 21. Juni, verabschieden die Lüneburger Sinfoniker den Intendanten um 20 Uhr mit einem Galakonzert. Karten dafür gibt es noch an der Theaterkasse, Telefon 04131/42100.