Diese mit überschlagender Stimme vorgebrachten Worte ließen mich kürzlich in der Bahn suchend den Kopf drehen. Es war eine junge Frau in meinem Alter, die da am Telefon richtig “Dampf“ über das abließ, was sie zuvor erlebt hatte.

Wir verließen gerade den Bahnhof Rostock in Richtung Hamburg, und innerhalb der letzten 30 Minuten hatte sie drei rassistische Sprüche abbekommen, erfuhr ich. Als sie sah, dass ich von der anderen Gangseite mit gerunzelter Stirn mithörte schnaubte sie rasch ein "warte mal, ich rufe später wieder an" in ihr Handy und führte das Gespräch mit mir weiter. Sie hieß Laura, war sehr wütend und erzählte mir, dass ihre Familie in zweiter Generation in Deutschland lebe, sie selbst niemals in Vietnam gewesen sei - dem Land, in dem ihr Großvater "irgendwann mal" gelebt habe. Auch sei ihr asiatisches Aussehen im bisherigen Leben kaum Thema gewesen - nun arbeite sie seit einigen Monaten in Rostock und alles sei anders. Ihrem Vater gegenüber habe sie zuvor noch Bedenken geäußert "in den Osten" zu gehen; er habe sie aber beruhigt, "so schlimm" sei es dort schon nicht. Wie es dann wohl erst in der Provinz sein könnte, so fragen wir uns. "Wie rückständig ist denn bitte diese Welt?" Sie schüttelt wild den Kopf und blickt dann sinnierend zu Boden.

Ich sitze da, blond, blauäugig, und fühle mich etwas hilflos als ich ihr ehrlich sage, dass es mich schockiert, wie groß dieser Unterschied zwischen Ost und West anscheinend tatsächlich ist. Obwohl es Alltagsrassimus natürlich überall gibt - wir diskutieren noch eine ganze Weile darüber.

Nachdem ich ausgestiegen bin, bleibt eine Aussage von Laura noch länger in meinem Kopf hängen: Ihr sei es manchmal peinlich, Deutsche zu sein. Eine Welt voller Absurditäten.