Die Einrichtung stellt seit 13 Jahren Bedürftigen im Landkreis Lebensmittel zur Verfügung. Jetzt gerät dieser Service in Gefahr.

Salzhausen. Die Tafel in Salzhausen ist ein Segen für bedürftige Menschen. Und hat doch selbst in jüngster Zeit mit Versorgungsproblemen zu kämpfen: Die Menge der gespendeten Lebensmittel nimmt ab. Vor wenigen Wochen gab es den dramatischen Fall, dass die gewöhnlich reich gedeckte Tafel erhebliche Angebotslücken aufwies. Es war nicht genug da, um alle Kunden ausreichend bedienen zu können.

"Es war eine Katastrophe", erinnert sich Tafel-Gründerin Wera Oßwald. "Statt der sonst üblichen Paletten Jogurt, konnten wir nur 43 verteilen. Auch das gewöhnlich üppige Angebot an angemachten Salaten reichte für nur sieben Kunden."

Die Salzhäuser Tafel ist wöchentliche Anlaufstelle für rund 50 sozial und wirtschaftlich benachteiligte Menschen, die über wenig Geld im Monat verfügen können, weil sie nur eine kleine Rente haben, Arbeitslosengeld I oder II, Sozialhilfe oder Grundsicherung beziehen. Um sich bedienen zu dürfen, zahlen sie einen symbolischen Euro.

Das knappe Angebot versetzte Tafel-Leiterin Oßwald und den Stab ehrenamtlicher Mitarbeiter in Aufregung. Nicht länger wollten sie auf die Bedürftigkeit ihrer Kunden vertrauen. Damit die Hilfe auch da ankommt, wo sie am dringendsten benötigt wird, lässt sich die Tafel die Bedürftigkeit nun durch offizielle Dokumente nachweisen. Wera Oßwald: "Ich bin erleichtert. Jeder unserer seit Jahren vertrauten Besucher hat eine Bescheinigung vorgelegt, ist zum Einkauf berechtigt."

Unsicherheit herrscht unterdessen weiterhin in Sachen gespendete Lebensmittel. Über 13 Jahre hinweg hat die Frau aus Vierhöfen einen Stamm von Märkten aufgebaut, die zuverlässig Lebensmittel spenden, die - obwohl qualitativ einwandfrei - im Wirtschaftskreislauf nicht mehr verkauft werden können und oft im Müll landen. Dazu zählen Lagerbestände mit ablaufendem Mindesthaltbarkeitsdatum, Backwaren vom Vortag, Überproduktionen, falsch verpackte Ware oder Obst und Gemüse mit kleinen Schönheitsfehlern.

Hinter dem plötzlichen Spendenschwund vermutet Oßwald eine zunehmend veränderte Bestellstrategie der Marktleiter. Es werde gezielt und nach Bedarf geordert, sodass letztlich weniger Ware für die Tafel übrig bleibe. Nicht alle Marktleiter können das so bestätigen. Einer von ihnen ist der Wulfsener Verbrauchermarkt-Inhaber Volker Meyer. Er unterstützt seit elf Jahren die Salzhäuser Einrichtung mit abgelaufenen Waren. Obst und Gemüse wird nicht an die Tafel abgegeben, "das entsorgen wir täglich selbst".

Weil es eng wird, kauft Wera Oßwald nun Ware zu. Vor allem Grundnahrungsmittel wie Nudeln, Mehl und Reis. In der Gefriertruhe stapeln sich günstig erworbene Hähnchenschenkel. Finanziert wird der Zukauf von Spendengeldern, die Unterstützer der Tafel auf ein Konto der St. Johannis-Kirchengemeinde Salzhausen überweisen.

Bereits vor 13 Jahren registrierte Wera Oßwald Armut auf dem Land: "Nicht nur in Großstädten sind Menschen von Einkommensarmut bedroht. Wo immer das Geld knapp wird, sparen die meisten an der täglichen Nahrung - auf Kosten ihrer Gesundheit."

Die Tafel Salzhausen ist eine von über 800 in Deutschland. Sie versorgen regelmäßig rund eine Millionen Menschen. In Salzhausen ist der Anteil ausländischer Nutzer besonders groß. Knapp die Hälfte sind Migranten, schätzt Wera Oßwald. Inzwischen suchen auch bedürftige Rentner donnerstags das Gemeindehaus zur Tafelzeit auf.

Wie am ersten Tag ist die engagierte Frau begeistert von der Idee, von der alle Beteiligten profitieren: Lebensmittelhändler und -hersteller übernehmen soziale Verantwortung und sparen Entsorgungskosten. Und Bedürftige erhalten für wenig Geld qualitativ hochwertige Nahrungsmittel. Ganz nebenbei reduziert sich der anfallende Müll, das schont auch die Umwelt. So schafft die Salzhäuser Einrichtung eine Brücke zwischen Überfluss und Mangel - zum Vorteil aller Beteiligten.