Jascha Stein will Maurer werden. Jetzt sorgt der kalte Herbst für einen Alltag, der den ganzen Mann fordert.

Lüneburg. "Wenn man so viele Sachen an hat, kann man sich kaum bewegen", sagt Jascha, als er den großen Lastkran mit der Fernbedienung bewegt. Den ganzen Vormittag hat es kräftig geregnet, planschbeckengroße Schlammpfützen haben sich vor dem grauen Rohbau gebildet. Der Arbeitsplatz auf dem Dach des zukünftigen Bürogebäudes bietet keinen Schutz vor dem Wetter. Da ist es im Grunde gar nicht schlecht, dass Jascha so viele Sachen an hat. Richtig eingepackt sieht er aus mit seiner gelben Regenjacke und den Gummistiefeln. Auf dem Kopf sitzt der Sicherheitshelm über einer dicken Mütze. Wenn man sich damit nur besser bewegen könnte.

Es ist Anfang November, Jascha Steins dritter Arbeitsmonat als Maurerlehrling bei der Lüneburger Baufirma Q-Bau. An seinem ersten Arbeitstag, am 3. August, sah das Wetter noch anders aus. Damals war es noch 21 Grad warm - und vor allem trocken.

Heute muss Jascha bei sechs Grad und Dauerregen ackern. Aber: "Der Job macht mir immer noch Spaß", lächelt der Lehrling. Die Winterzeit scheint dem 21-Jährigen nichts auszumachen, auch wenn es - wie heute - erst eine knappe halbe Stunde nach Arbeitsbeginn langsam hell wird. Sonnenaufgang: 7.24 Uhr. "Das ist alles nur eine Frage der Umstellung, da müssen wir dann eben mit Licht arbeiten. Aber hier sind alle cool drauf und machen Witze." Galgenhumor. Den braucht man wohl im Herbst auf dem Bau hin und wieder.

Wo vor drei Monaten nur eine große Grube auf der Baustelle Vor dem Bardowicker Tore klaffte, ist inzwischen ein stattlicher Beton-Rohbau gewachsen. Und Jascha hat nicht unerheblich dazu beigetragen. "Die ganzen Außenmauern in diesem Abschnitt hab ich mit dem Mauerversetzkran angelegt", erzählt er und zeigt von oben auf den Hauptteil des Gebäudes. Diese Wände sind besonders wichtig: Sind sie nicht 100 Prozent gerade gebaut, wird das ganze Gebäude schief, erklärt er. Bis Weihnachten soll der neue Büro-Komplex fertig sein.

Jascha und seine beiden Lehrlingskollegen werden als volle Mitarbeiter auf dem Bau akzeptiert. "Kran fahren, Mauern - ich darf alles machen", berichtet er. "Man merkt nicht, dass man 'nur' Lehrling ist, das ist super." Aber natürlich gehören auch unangenehmere Jobs dazu. Gerade bei Regenwetter müssen häufig die unteren Etagen ausgefegt werden. "Das bringt großen Spaß!" sagt Jascha voller Ironie und grinst dabei sichtbar hintergründig vor sich hin.

Hin und wieder wird der junge Lüneburger auch allein auf eine Baustelle geschickt, um kleinere Arbeiten fertigzustellen. Jascha genießt Vertrauen. Schließlich ist unter seinen Händen und Füßen bisher kaum etwas zu Bruch gegangen. "Ich hab nur mal bei einer Bohrkrone die Zacken abgebrochen und einmal ist mir die Kupplung in einem VW-Bus kaputt gegangen", erinnert er sich. "Aber da hat der Chef nur gelacht." Schließlich war das auch nicht Jaschas Schuld.

Bernd Kaufhold, der Polier und Vorarbeiter auf der Baustelle, ist sehr zufrieden mit seinem Lehrling. "Bei Jascha merkt man gleich, dass das einfach passt. Ihm kann man auch ruhig mehrere Aufgaben gleichzeitig übertragen." Der Maurermeister hat da auch schon ganz andere Erfahrungen gemacht. "Mit manchen Lehrlingen und vor allem Praktikanten ist das oft schwierig, da steckt dann noch zu viel Kinderstube drin, oder einfach zu wenig Interesse an dem Job", sagt Kaufhold. Auch Geschäftsführer Günter Quardon weiß, was er an seinem Lehrling hat: "Jascha ist jemand, der nicht wartet, dass die Tür aufgeht, sondern der die Tür selber aufmacht", lobt er. "Über solche Lehrlinge freut man sich natürlich besonders."

Erst letzte Woche hat Jascha eine wichtige Ausbildung besucht, die jeder Mitarbeiter bekommt: die zum Ersthelfer. "Ich hoffe, dass ich das im Ernstfall auch noch alles weiß", sagt er, halb lachend, halb bedenklich. Zum Glück ist der in seiner Lehrlingszeit aber noch nicht eingetreten. Sein größtes "Unglück" bisher: "Einmal bin ich abgerutscht und in die Baugrube gefallen."