Informatik-Asse entwickeln Software für die Hilfseinrichtung. 58 Jugendliche sind involviert.

Lüneburg. Am späten Vormittag, kurz vor 12 Uhr, hat Piet Böttcher schon zwei Stunden gepackt: Milchtüten auf die Theke, Brote in die Regale und Kuchenstücke in kleine Papiertüten. Seit einem Jahr hilft der Rentner bei der Lüneburger "Tafel". Deren Arbeit wollen jetzt auch Schüler des Lüneburger Gymnasiums Johanneum unterstützen: Sie entwickeln Computer-Programme für die Verwaltung von Kundendaten und den Einsatz von Ehrenamtlichen.

Während Piet Böttcher an diesem Vormittag wie immer in der Küche wuselt, hat sich das Duo an der Spitze heute für eine Stunde frei genommen. Marina Kroll und Jürgen Luxemburger zeigen drei Mädchen und sechs Jungs aus dem Informatik-Kursus von Lehrer Thomas Wetzel, wie die "Tafel" funktioniert.

"Wir fangen einmal hinten an", sagt Luxemburger und führt die jungen Leute in die Garage des Hauses Im Tiefen Tal 64: "Hier kommt zweimal am Tag unser Tafelbus an, voll gepackt mit Lebensmitteln aus Supermärkten und Bäckereien sowie vom Wochenmarkt." Jeden Montag fährt der Bus nach Zarrentin zum Edeka-Zentrallager für Obst und Gemüse, jeden Dienstag und Donnerstag zum Rewe-Zentrallager für Milchprodukte.

"Für die Zeiten, in denen wir trotzdem kaum Ware haben, stehen hier die eisernen Reserven", erzählt der stellvertretende Vorsitzende und zeigt auf Regale voller Konserven und Pappkartons, allesamt mit Zahlen versehen: 01/10, 04/10, 09/10 - damit immer die Lebensmittel zuerst ausgegeben werden, die als nächste ihre Haltbarkeitsgrenze erreichen.

So macht es die "Tafel" auch mit ihren Kühlschränken: Einer nach dem anderen wird befüllt und entladen, immer dem aufgestempelten Datum nach.

Weiter geht's in den Verkaufsraum: "Unsere Kunden sind Bedürftige, die zum Beispiel von Hartz IV oder anderen Sozialleistungen leben", erklärt Jürgen Luxemburger den Jugendlichen. "Wir prüfen die Einkommensverhältnisse und stellen Tafel-Ausweise aus. Jeder darf hier zweimal pro Woche einkaufen."

Für einen Euro gibt es Lebensmittel aller Art, in der Menge abhängig von der Anzahl Menschen, die im Haushalt leben. Rund 1800 Kunden umfasst die Datenbank der "Tafel". Damit versorgt sie schätzungsweise 3000 bis 3500 Menschen jede Woche und gibt pro Monat neun Tonnen Lebensmitteln aus.

Heute sind stapelweise Bio-Auerochsenwürstchen bei der "Tafel" angekommen. "Die frieren wir ein", entscheidet Chefin Marina Kroll und erklärt: "Die Grillsaison ist vorbei, und wir haben zurzeit genug frische Wurstwaren."

Den Tafelbus fahren zum großen Teil Ein-Euro-Jobber, die restlichen Arbeiten erledigen rund 30 Ehrenamtliche und 35 Helfer aus dem Kreis der Bedürftigen. Deren Arbeit soll mit Hilfe der Johanneum-Schüler bald einfacher und effizienter werden.

Thomas Wetzel hat seine Schützlinge mit zur Tafel gebracht, um ihnen die Praxis zur Theorie zu zeigen. Und die bedeutet, jeden einzelnen Kunden bei der Anmeldung an der Kasse per Hand in einem riesigen Karteikarten-Kasten zu finden. Das dauert.

Künftig soll anstelle des Kastens ein Laptop am Eingang der "Tafel" stehen, der alle Kundendaten auf Knopfdruck zeigt. Unter der Anleitung von Wetzel und einem Kollegen wollen die insgesamt 58 Gymnasiasten aus drei Informatik-Kursen nun drei Anwendungen für die "Tafel" entwickeln: ein Programm für die Kunden-Abfrage an der Kasse, eins für die Dienstpläne der Ehrenamtlichen und eine Datenbank für die Verwaltung sämtlicher Kundendaten.

Marina Kroll und Jürgen Luxemburger sind dankbar für den Einsatz der Schüler. "Das ist eine sehr komplexe Aufgabe", weiß Jürgen Luxemburger. Und Marina Kroll ergänzt: "Aber es ist eine, deren Ergebnis in Zukunft jeden Tag genutzt werden wird." Zum 1. Januar 2010 soll die Software für Kasse und Verwaltung stehen, bis Ostern die für die Dienstpläne der Ehrenamtlichen. Dann hat Piet Böttcher zwar nicht weniger zu packen, seine Kollegen aber weniger zu suchen - und können ihm beim Packen helfen.