Der Wahlkampf hat begonnen. 42 Tage vor der Bundestagswahl bestimmt am Sonnabend in der Bäckerstraße ein buntes Treiben aus Grün, Rot und Union-Orange das Straßenbild.

Lüneburg. Die Direktkandidaten gehen auf Stimmenfang - die SPD gleich mit doppelter Spitze: Neben Hiltrud Lotze rührt Sigmar Gabriel die Werbetrommel der Partei.

Fröhlich lächelnd verteilt der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit mit der SDP-Frau Energiesparlampen an die potenzielle Wählerschaft. Hände werden geschüttelt, Autogramme verteilt, Argumente ausgetauscht. Zum Beispiel mit Simon Drücker (23) und Freya Rudek (24).

Beide konfrontieren Gabriel mit dem Vorwurf, das Gorleben bereits seit Mitte der 80er-Jahre zu einem Endlager ausgebaut worden sei. Dazu Gabriel: "Diese Behauptung ist schlicht falsch." Der Umweltminister verweist darauf, dass seit dem Jahr 2000 mit dem Moratorium sogar die Erkundung in Gorleben bis 2010 ausgesetzt wurde. Und wenn es nach Gabriel gehe, wird Gorleben auch nicht weiter erkundet, "solange wir nicht auch andere Alternativen prüfen. Und zwar nach zuvor festgelegten Kriterien." Immerhin sei das internationaler Standard. Und so habe sein Ministerium eben solche Kriterien kürzlich festgelegt.

Eine Anforderung an das künftige deutsche Atommülllager ist ein Sicherheitsnachweis für eine Million Jahre, so sieht es der Anforderungskatalog des Umweltministeriums vor. Wie man einen solchen Zeitraum überblicken könne? Ganz einfach aus Erfahrung, so Gabriel: "Die Prognose in die Zukunft entsteht aus dem Wissen über die Vergangenheit." Denn anhand geologischer Formationen, könne man nachweisen, ob sich den vergangenen Millionen Jahren etwas verändert hat. Ist das nicht der Fall, gehe man davon aus, dass auch nach weiteren Millionen von Jahren nichts passiert, erklärt der Umweltminister.

Für ein atomares Endlager sei Salz allerdings nicht prinzipiell ungeeignet. Damit sei Gorleben auch nach dem Asse-Skandal nicht aus dem Rennen, aber: "Ich glaube, dass es Gorleben am Ende nicht wird", sagt Gabriel.

Insgesamt setze er sich für einen schnellen Ausstieg aus der Atomenergie ein. Stattdessen setzt der Umweltminister auf erneuerbare Energien, wie beispielsweise Offshore-Windparks. Die kämen nicht nur der Umwelt zugute sondern hätten mit 280 000 neuen Jobs in den letzten Jahren auch ein wirtschaftliches Wunder geschafft.

Mit einer geplanten Abschaffung der gesetzlichen Rahmenbedingungen riskiere Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg diese Arbeitplätze. Und im Hinblick auf die aktuell eher bescheidenen Umfragewerte der SPD sagt Gabriel schließlich: "Da werden die Menschen schon merken, was es am 27. September zu entscheiden gibt und dann werden sich auch die Umfragewerte ändern." Es ist eben Wahlkampf.