Stiftung Hof Schlüter zahlt die Reise und sorgt mit für den Erhalt der Jugendbildungsstätte.

Neetze. "Das Bild" steht unter dem Ölgemälde, "die Uhr" unter dem Ziffernblatt, "die Wand" auf den getünchten Backsteinen: Fast im Vorbeigehen lernen die Mädchen und Jungen auch ein bisschen Deutsch. Sie verbringen nur ihre Ferien in Neetze, ihre Heimat ist die 250 000-Einwohner-Stadt Bila Zerkwa nahe Tschernobyl. Seit 2001 holt die Stiftung Hof Schlüter einmal im Jahr Kinder aus der Ukraine in die Jugendbildungsstätte - und auch die "Jubi" selbst unterstützt sie.

"Die Kinder kommen aus nachweislich armen Familien", berichtet Stiftungsvorstand Peter Novotny (66), der mit seiner Frau Helga und seinem Sohn André regelmäßig selbst nach Bila Zerkwa reist und Hilfsgüter zu den unter den Spätfolgen der Tschernobyl-Katastrophe stark leidenden Menschen bringt. Manche Eltern konnten ihren Kindern nicht einmal vernünftigen Proviant für die 40-Stunden-Busfahrt der 1700 Kilometer von Bila Zerkwa nach Neetze mitgeben, "ein Junge hatte bloß gekochte Kartoffeln dabei", berichtet Helga Novotny (68).

Die Kleidung eines anderen sei dermaßen kaputt gewesen, dass er in Neetze erst einmal komplett neu ausgestattet wurde: mit Stücken aus der Lagerhalle der Stiftung in Lüneburg-Hagen, wo die Novotnys und ihre Helfer bergeweise gebrauchte Kleiderspenden sammeln. Der Junge ist nicht der einzige, der in Deutschland neue Hosen, T-Shirts und Sandalen bekommt: Die gibt es für alle der 34 Kinder. Weitere 100 Umzugskartons werden die Novotnys den Jungen und Mädchen in einem Lastwagen mit zurück auf den Heimweg geben: für die Eltern und Geschwister.

Insgesamt sechseinhalb Wochen sind die Acht- bis Zwölfjährigen in Neetze. Sie gehen schwimmen, fahren Rad, besuchen das Otterzentrum Hankensbüttel, das Freilichtmuseum am Kiekeberg, die Ostsee und den Serengeti-Park, machen eine Kutschfahrt in Lüneburg und eine Kajakfahrt auf der Ilmenau.

Von der guten Luft und der gesunden Ernährung zehren die Kinder zu Hause noch zwei Jahre, sagt Peter Novotny, von der Erinnerung noch länger: Alle bekommen zum Abschied am Bus ein Fotoalbum mit gut 300 Bildern ihrer Zeit in Neetze, "damit unterdrücken wir die Tränen".

Doch so weit ist es noch nicht, noch liegen drei Wochen Unbeschwertheit vor den Mädchen und Jungen. Die sie besonders gern auch springend verbringen: auf dem neuen Trampolin im Garten, das die Stiftung der "Jubi" geschenkt hat.

Seit 1998 unterstützt die Stiftung Hof Schlüter die Einrichtung, finanziert mit mehreren 10 000 Euro im Jahr alle wesentlichen Investitionen der evangelischen Jugendbildungs- und Freizeitstätte. Träger ist der Kirchenkreis Bleckede, für den der Betrieb in den vergangenen Jahren zu einem permanenten Zuschussgeschäft geworden war. Im November 2008 hat die Kirche die Leitung der "Jubi" daher von ehemals zwei Stellen auf eine gekürzt.

"Wir hoffen, dass die Einrichtung sich dadurch ab diesem Jahr trägt", sagt Superintendent Dr. Wolf Dietrich Berner. Er betont: "Das Angebot ist deswegen nicht kleiner geworden, wir sind keinesfalls zu einem reinen Beleghaus geworden." So bietet die "Jubi" demnächst neue Kurse für Kinder und Jugendliche zur Gewaltprävention an, für Konfirmanden außerdem das Ein-Tages-Seminar "Leben zur Zeit Jesu", das ein Archäologe gemeinsam mit einem Theologen gestaltet.

Mit rund 16 000 Übernachtungen ist das 96-Betten-Haus über den Jahresdurchschnitt zu 45 Prozent ausgelastet, laut Leiterin Renate Meyer kommen Konfirmanden von Flensburg bis Hessen nach Neetze für ihre Freizeiten. Für den Kirchenkreis Bleckede ist die "Jubi" zudem zentrale Ausbildungsstätte für ihre eigenen Jugendlichen, die nach der Konfirmation in der Gemeinde mitarbeiten und sich dafür fortbilden möchten. Peter Novotny: "Unser Ziel ist es, die Attraktivität der Jubi permanent der Zeit anzupassen."

www.jubi-neetze.de