Der Stadtteil Kaltenmoor mit rund 8000 Einwohnern gilt als sozialer Brennpunkt und Schmelztiegel der Kulturen.

Lüneburg. Konflikte keimen schnell auf. Der Großeinsatz der Polizei an einem Fitnessstudio am vergangenen Sonnabend scheint aber kein Anzeichen dafür zu sein, dass die Gewalt in Lüneburgs größtem Stadtteil zunimmt.

Polizeisprecher Kai Richter sagt deutlich: ,,Wir wissen um die Struktur in Kaltenmoor und haben in den vergangenen Wochen und Monaten die Lage analysiert. Eine erhöhte Zahl von Straftaten ist uns nicht aufgefallen." Dennoch eskalierte jetzt die Situation. Wie berichtet, gab es Tumulte in einem Fitnessstudio, als Polizisten mehrere eines Diebstahls verdächtigte Personen dort aufgespürt hatten und Spinde durchsuchen wollten. Nach Polizeiangaben seien Beamte von Bodybuildern attackiert worden.

Im weiteren Verlauf umstellte dann die Polizei mit mehr als 50 Einsatzkräften das Gebäude und stürmte es wenig später. Etwa 300 Schaulustige verfolgten die Aktion, einige von ihnen griffen nach Darstellung der Polizei die Ordnungshüter an. Dagegen hält Sehmus El-Zein, der Betreiber des Fitnessstudios: "Das Vorgehen der Einsatzkräfte war unverhältnismäßig und gewalttätig." Er räumt ein, sich zunächst falsch verhalten zu haben, als er den Beamten verwehrte, die Umkleideräume zu durchsuchen.

Stattdessen habe er die Polizisten gemeinsam mit seinem Bruder Ali zurückgedrängt. Dabei sei es dann zu dem Handgemenge gekommen. Allerdings war es nach Aussage von El-Zein ein Polizist, der ihn zuerst mit Pfefferspray attackierte und gegen das Schienbein trat. El-Zein schildert weiter: "Wir haben die Polizisten allerdings später mehrfach gebeten, sich in allen Räumen umzusehen. Aber die wollten nicht mehr." Doch nur wenige Minuten später seien etwa zwanzig Beamte in voller Schutzmontur schreiend in das Gebäude gestürmt.

Das bestätigt auch El-Zein Freundin Olesija Schill: "Die haben uns brutal zur Seite gestoßen und keine Rücksicht darauf genommen, dass hier auch Kinder waren." Ihr Sohn (4) habe einen Schock erlitten, keiner der Beamten habe auf das Kind geachtet. Ihr selbst blieb dazu keine Gelegenheit. Schill: "Es ging alles so schnell."

Der Einsatzleiter der Polizeiinspektion, Roland Brauer, erklärte bereits am Sonntag, er sei froh, dass die Beamten kühlen Kopf bewahrt hätten und trotz der Extremsituation nicht von der Schusswaffe Gebrauch gemacht hätten. ,Wer sich außerhalb der Rechtsnorm stellt und flüchtige Straftäter vor dem Zugriff der Polizeibeamten durch gewalttätige Angriffe schützt, dem sei gesagt, dass wir dies nicht hinnehmen können und werden", machte Brauer deutlich.

Polizeisprecher Kai Richter ergänzt: ,,Kaltenmoor ist kein rechtsfreier Raum." Trotz der Aggression am Sonnabend sei es im Stadtteil aber nicht gefährlich, betont Richter. ,,Die Bürger sind sicher." Damit es auch so bleibe, würden Präventionsmaßnahmen gegen Gewalt, die nach seinen Worten seit Jahren laufen, intensiv fortgeführt.

Oberbürgermeister Ulrich Mädge, der am Sonnabend zur Beruhigung der Lage beigetragen hatte, kommentiert das Ereignis mit den Worten: ,,Es hilft niemandem, die Sachlage schön zureden oder zu dramatisieren." Die Stadt werde den Zwischenfall mit Polizei, Justiz und Sozialarbeitern diskutieren und Schlüsse ziehen. Mädge: ,,Die Polizei muss friedliche Bewohner schützen, gleich welcher Herkunft und wo sie wohnen, und sie muss gegen Straftäter vorgehen, gleich welcher Herkunft und wo sie wohnen. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen."