Der Stadtverwaltung hat gründlich nachgezählt und alle Häuser, Straßen sowie Grundstücke bewertet.

Lüneburg. Das Gebäude des Gymnasiums Johanneum aus den Siebziger Jahren ist fast 50-mal so viel wert wie das jahrhundertealte Gemäuer des Lüneburger Rathauses - jedenfalls nach der doppelten Buchführung. Wie ein Wirtschaftsunternehmen rechnet die Lüneburger Verwaltung seit anderthalb Jahren. Jetzt hat die Kämmerei die dafür notwendige Eröffnungsbilanz zum Stichtag 1. Januar 2008 vorgelegt: Jede Straße, jedes Gebäude, jeden Stuhl und jeden Schrank haben die Mitarbeiter gezählt und bewertet.

"Das war ein Mammutprojekt, ein Meilenstein", sagte Kämmerin Gabriele Lukoschek gestern bei der Vorstellung des Zahlenwerks im Rathaus. Seit 2006 zogen Zähl-Trupps der Verwaltung durch Lüneburg, begutachteten gemeinsam mit externen Experten jeden Meter Straße und jeden Quadratmeter Gebäudefläche für die erste Inventur der Stadt. Bewertet werden die Besitztümer nach für alle Kommunen gleich lautenden Regeln.

Und da sind neuere Gebäude wesentlich mehr wert als alte, siehe Rathaus und Johanneum. Auf gut drei Millionen Euro ist das Gymnasium taxiert, das historische Haus am Markt dagegen auf nur 65 000 Euro. Doch insgesamt übertrumpft es die Schule natürlich trotzdem: durch seine Kunstexponate im buchhalterischen Wert von fast sechs Millionen Euro.

Insgesamt besitzt die Kernverwaltung Vermögen im Wert von rund 552 Millionen Euro: Straßen, Brücken, Schulen, Kitas, Grundstücke, Erbbaurechte und Beteiligungen an Tochterfirmen. Denn die sind in dieser Eröffnungsbilanz nicht enthalten, sie erstellen allesamt eigene Anfangsrechnungen. Für 2012 wird dann der letzte Baustein zur kompletten Umstellung auf die doppelte Buchführung erwartet: die Eröffnungsbilanz des gesamten Konzerns Lüneburg inklusive Gesundheitsholding mit Klinikum und Salü, Gesellschaft für Abfallwirtschaft, Marketing GmbH und Abwassergesellschaft.

"Unser Vermögen ist erfreulich hoch, die Eigenkapitalquote bei rund 200 Millionen Euro Schulden beträgt 50 Prozent", sagte Kämmerin Lukoschek. Auf den Haushalt habe das allerdings keinen Einfluss: "Unser Problem sind die Überziehungskredite für das laufende Geschäft. Die Liquidität ist nicht gesichert, wir leben von Kontoüberziehung. Das ist nicht gesund." Und jeder negative Jahresabschluss, in der Vergangenheit je sieben bis acht Millionen, minimiert das Gesamtvermögen.

Auf der anderen Seite kann die Stadt bei zukünftigen Diskussionen um Kreditaufnahmen für Investitionen "jetzt beweisen, dass wir Kredite aufgenommen haben, um Vermögen zu schaffen", so Lukoschek. Doch auch Vermögen kostet Geld, soll heißen: Abschreibungen. Die müssen erwirtschaftet werden, und das kann Lüneburg aus laufenden Einnahmen nicht.

So bedeutet die neue Rechenmethode vor allem mehr Transparenz: In Zukunft wird jedes Jahr deutlich, wie sich Vermögen und Schulden der Stadt entwickelt haben.