Sie ist eine der letzten großen Backsteinbasiliken Norddeutschlands und besticht zudem durch vorbildliche Gemeindearbeit.

Lüneburg. Seinen 600. Geburtstag feiert man nicht alle Tage. Die Nikolaigemeinde in Lüneburg freut sich daher umso mehr auf ihr beachtliches Jubiläum. Am 30. Juni 1409 hat der Rat der Stadt Lüneburg die Kirche eingeweiht. Damit ist das im gotischen Stil erbaute Gotteshaus die jüngste der drei Lüneburger Hauptkirchen.

Seit 1530 werden hier evangelische Gottesdienste gehalten. Doch was hat die Kirche von gestern noch mit der Gemeindearbeit von heute zu tun? "Es geht im Kern um die gleiche Sache. Um Jesus Christus und das, was verkündet werden kann", sagt Pastor Eckhard Oldenburg. Die Botschaft müsse immer wieder in die aktuelle Zeit übersetzt werden: "Wir versuchen zum Beispiel die Kirche offen zu halten, sehen sie als einen Ort, an dem nicht nur Gottesdienste abgehalten werden." Stattdessen werde auch mal im Kirchenschiff gefrühstückt oder übernachtet.

Das Konzept kommt an. Rund 3000 Mitglieder zählt die Nikolaigemeinde, "rein nominell", wie der 52-Jährige anmerkt. Und im Gegensatz zur Kirche ist die Gemeinde recht jung: Etwa zehn Prozent der Mitglieder sind zwischen 25 und 45 Jahre alt. Eckhard Oldenburg, der seit Mai 2007 in der Lüneburger Kirche tätig ist, sieht hier Entwicklungspotenzial in Bezug auf die Gemeindearbeit: "Ich würde gern aus diesem Kreis Menschen gewinnen, die sich engagieren wollen." Möglichkeiten bietet die Nikolaigemeinde zur Genüge.

Zum Beispiel bei der Bürgerkanzel in Form einer Predigt oder auch als Unterstützung bei der integrativen Arbeit der Gemeinde - ein Bereich, der Oldenburg besonders wichtig ist: "Die Arbeit mit Menschen mit und ohne Behinderung hat dieser Gemeinde unheimlich gut getan. Die Atmosphäre ist irgendwie echt."

Zur Behindertenarbeit gehören der integrative Konfirmandenunterricht, eine Jugend und eine Erwachsenengruppe, die Glaubenswerkstatt und Angebote, die in Zusammenarbeit mit der Lebenshilfe realisiert werden. Für dieses Engagement ist die Nikolaigemeinde weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt. Kein Wunder also, dass die evangelisch-katholische "Woche für das Leben" unter dem Motto "Gemeinsam mit Grenzen leben" in diesem Jahr in Sankt Nikolai gefeiert wurde.

Fast könnte man sagen, die Nikolaigemeinde startet in diesem Jahr einen echten Partymarathon - denn in drei Monaten steht das nächste Ereignis ins Haus: Das Glockenfest, vom 16. bis 19. September. Dann wird die seit dem zweiten Weltkrieg fehlende dritte Glocke ersetzt. Ein gutes halbes Jahr hat die Bürgerstiftung für die neue Schifferglocke gesammelt. Mit dem 110 000 Euro teuren Klangkörper wird ab September dann wieder dreiklängig geläutet.

Einen Besuch lohnt die Nikolaikirche aber schon heute. Hansjörg Rümelin muss es wissen. Gerade hat der Studiendirektor seine Dissertation über die kunstgeschichtliche Bedeutung des Gotteshauses veröffentlicht. Er sagt: "Die Nikolaikirche ist eine der letzten großen Backsteinbasiliken Norddeutschlands." Besonders sei die Verbindung von traditionellen und modernen Elementen. Wer mehr über die Kirchenarchitektur und die städtebaulichen Zusammenhänge der Kirche erfahren möchte, kann sich am Sonnabend und Montag von Hansjörg Rümelin durch Sankt Nikolai führen lassen. Mehr zu dem bunten Geburtstagsprogramm im Infokasten.