Ohne körperlichen Eignungstest wird niemand Soldat. Nicht alle sind den gestellten Anforderungen gewachsen.

Lüneburg. "Boah! Ich schaff' das nicht", schallt eine reife Mädchenstimme durch die Turnhalle der Theodor-Körner-Kaserne. Jana Deneke ist gereizt. Sie liegt auf dem Rücken, hat die Beine angewinkelt und hält die Hände hinter dem Kopf zusammen. In dieser Käferstellung muss sie Sit-Ups leisten, und zwar 17 Stück in 40 Sekunden. Der im Deutschen auch Rumpfbeugen genannte, äußerst anstrengende Test der Bauchmuskulatur ist einer von fünf Prüfungen, die angehende Zeitsoldaten bestehen müssen.

Die 17-Jährige aus Uelzen hat sich für den Sanitätsdienst der Bundeswehr beworben. Am 1. Juli will sie zum Sani-Regiment am Standort Leer. Einziger Stolperstein auf ihrem Karriereweg ist bislang der so genannte Physical Fitness Test (PFT). Zu dieser sportlichen Aufnahmeprüfung gehören neben den Sit-Ups noch Kurzstrecken-Sprints und ein Ausdauerlauf, ein Standweitsprung und die so genannten Bundeswehr-Liegestütz. Dabei bleibt man nach jedem Liegestütz auf dem Bauch liegen und klatscht die Hände hinter dem Rücken zusammen. Auch hierbei kommt Jana ins Schwitzen.

Kein Problem mit der Kraftübung nach Zeit hat dagegen Patrick Harms. Die geforderten 13 Stütze in 40 Sekunden stemmt er locker weg. Der 19-Jährige aus Dannenberg will sich für vier Jahre bei den Panzergrenadieren in Munster verpflichten. Nach dem Hauptschulabschluss und einigen Jahren als Hilfsarbeiter in einer Metallfabrik wollte er eigentlich bei der Bundeswehr eine Ausbildung als Elektroniker absolvieren. Doch dafür reichten die Schulnoten nicht aus.

Ähnlich sieht es bei seiner Kameradin in spe aus. Jana hatte sich einen Job als Fremdsprachenkorrespondentin bei der deutschen Armee ausgemalt. "Aber mein Halbjahreszeugnis war nicht so der Knüller", sagt sie. Nun spekuliert Jana auf eine viermonatige Ausbildung zur Rettungssanitäterin.

"Erst einmal musst du aber die Grundausbildung überleben", wendet Hans-Werner Clasen scherzhaft ein. Der Stabsfeldwebel ist Wehrdienstberater im Lüneburger Kreiswehrersatzamt im Meisterweg und nimmt auch schon einmal die Sportprüfung ab. Zu ihm kommen junge Menschen bis zum Alter von 31 Jahren. Sie wollen für mehrere Jahre Soldat werden, quittieren den Dienst häufig aber schon nach wenigen Wochen. Vor allem bei den Bewerberinnen könne es schnell zu psychischen Problemen kommen. "Das liegt wohl daran, dass dort viele Frauen zusammen sind", so Clasen.

Ein weiteres Problem stellen die strammen Sportübungen während der Grundausbildung dar. "Die körperliche Fitness unserer Bewerber ist eine der Herausforderungen für die Bundeswehr", sagt auch Peter Fleckenstein. "Aber das ist trainierbar", so der Oberstleutnant weiter, der das für ganz Norddeutschland zuständige Zentrum für Nachwuchsgewinnung in Hannover leitet. Mit Übergewicht unter Jugendlichen hat er noch keine schlechten Erfahrungen gesammelt. "Die XL-Generation kenne ich nur aus den Medien." Schwere Jungs werden in der Regel schon vorher bei der Musterung herausgefiltert. Und bei den Mädchen schickten nur Sportbegeisterte eine Bewerbung ab.

Ihren Enthusiasmus müssen auch Patrick und Jana körperlich unter Beweis stellen. Für sie geht es beim Lauf in der Lüneburger Mittagssonne darum, 1350 oder 1750 Meter innerhalb von zwölf Minuten zu schaffen. Für Männer und Frauen gibt es unterschiedliche Anforderungen. Doch für beide Bewerber zählt jede Runde auf der Aschebahn des Sportplatzes 400 Meter. Das macht jeweils etwa vier Runden. Ansporn gibt Jana dabei Rolf Zuckowski. Sein Lied "Ich Schaff Das Schon" hat ihre Mutter am Morgen vor dem Sporttest auf ihren Ipod-Musikspieler geladen. Den Liedermacher hat sie so laut aufgedreht, dass sie den Abpfiff nach 1680 Metern Wegstrecke zuerst gar nicht mitbekommt. Dann nimmt sie ihren Kopfhörer heraus und sagt unter Keuchen: "Wow. Ich habe es geschafft. Ich bin stolz."